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KMU-Exportstudie: China und Schwellenländer bieten Chancen

Zum dritten Mal hat die Credit Suisse eine Studie zu den Erfolgsfaktoren von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Schweiz durchgeführt. Sie zeigt, dass ein Viertel aller KMU im Export tätig sind. Dabei machen die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) sowie die Uhrenindustrie zwei Drittel der KMU-Exporte aus.

KMU-Exportstudie: China und Schwellenländer bieten Chancen

War Deutschland bisher der grösste Exportabnehmer Schweizer KMU, dürfte China in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen. Ausserdem würde vor allem der Eintritt in Schwellenländer neue Chancen für KMU bieten, erklärt Nicole Brändle Schlegel, Leiterin Swiss Industry Research der Credit Suisse.

Raquel Forster: Frau Brändle, was macht Schweizer KMU so erfolgreich?

Nicole Brändle Schlegel: In unserer Umfrage haben wir neun Einflussfaktoren des Standortes Schweiz überprüft. Beispiele hierfür sind die Verkehrsinfrastruktur der Schweiz, die Qualität des Bildungssystems, die Arbeitsmoral der Arbeitnehmenden, etc. Die Studie führte zutage, dass die Mitarbeiter und ihre Qualifikationen, das Forschungsumfeld, die Infrastruktur sowie Werte und Gesellschaft von den KMU am positivsten beurteilt werden und sie so erfolgreich machen. Acht von neun der untersuchten Einflussfaktoren wirken sich positiv auf ihre Geschäftstätigkeit aus. Der einzige Faktor, der die Geschäftstätigkeit hemmt, ist das regulatorische Umfeld. Gemeint sind vor allem zusätzliche Vorschriften in Bereichen wie Umwelt oder Sicherheit. Die KMU sind der Meinung, dass sich dieses Umfeld in Zukunft noch verschlechtern wird. Hier besteht somit der grösste Handlungsbedarf für die Politik.

Die Schweiz ist stark exportorientiert und eng mit dem Ausland verflochten. Inwiefern trifft dies auch auf die Schweizer KMU zu?

Insgesamt sind fast 70 Prozent aller Schweizer KMU in irgendeiner Weise grenzüberschreitend tätig. Ein Viertel exportiert Waren oder Dienstleistungen direkt ins Ausland. Insgesamt steuerten die KMU somit 20 Prozent zu den gesamten schweizerischen Exporten bei, was einem Wert von etwa 40 Milliarden Schweizer Franken entspricht. Die Branchen, die bei den KMU mehrheitlich ins Ausland exportieren, unterscheiden sich aber anteilsmässig deutlich von jenen der Gesamtexporte: Bei den Gesamtexporten ist die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) sowie die Uhrenindustrie für etwa 45 Prozent der gesamten Exporte verantwortlich – gefolgt von der Chemie-, Pharma- und Kunststoffindustrie (42 Prozent). Bei den KMU-Exporten steuerten die MEM- und Uhrenindustrie rund 70 Prozent zu den gesamten Exporten bei. Die Gesamtexportwirtschaft ist somit stärker von der Pharmaindustrie dominiert, während bei den KMU die Exporte durch die MEM- und Uhrenindustrie geprägt sind.

Die Schweiz hat mit verschiedenen Ländern Freihandelsabkommen geschlossen, jüngst auch mit China. Inwiefern profitieren auch die Schweizer KMU von solchen Freihandelsabkommen?

Nicht alle KMU profitieren gleichermassen von Freihandelsabkommen.. Je nach Branche und Exportorientierung profitieren die KMU mehr oder weniger von einem Freihandelsabkommen. Es kommt zudem auch stark auf die Kosten für den Ursprungsnachweis an, der entscheidend dafür ist, ob Schweizer KMU Nutzen aus einem Freihandelsabkommen ziehen. Der Ursprungsnachweis ist notwendig, um die Zollbefreiung zu erhalten. Es ist die Bestätigung dafür, dass eine Ware in der Schweiz hergestellt wurde. Dieser Aufwand ist jedoch oft sehr hoch und lohnt sich daher häufig vor allem für kleinere KMU nicht. Unsere Umfrage zeigt, dass vor allem KMU aus der Nahrungsmittel-, Chemie- und der Kunststoffindustrie sowie Textil- und Bekleidungshersteller sich auf Freihandelsabkommen stützen. In diesen Sektoren sind die Märkte durch Zölle und technische Handelshemmnisse teilweise noch stark geschützt. Obwohl also nicht alle KMU gleichermassen von Freihandelsabkommen profitieren, gehen wir dennoch davon aus, dass das jüngste Abkommen mit China vor allem positive Auswirkungen auf die Handelstätigkeit der KMU haben wird.

Die Schweiz besitzt nicht mit allen Ländern Freihandelsabkommen. Welche Lücke ist für die KMU momentan am schmerzhaftesten?

Zuoberst auf der Wunschliste der Schweizer KMU steht ganz klar ein Freihandelsabkommen mit den USA, gefolgt von Abkommen mit den aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC-Staaten). Mehr als ein Drittel der befragten KMU wünscht sich weitere Freihandelsabkommen. Die schweizerische Aussenhandelspolitik kommt hier teilweise den KMU entgegen. Das Freihandelsabkommen mit China tritt am 1. Juli 2014 in Kraft. Und mit Indien und Russland wird derzeit verhandelt, wobei die Verhandlungen mit Russland aufgrund der Krise in der Ostukraine vorläufig gestoppt wurden. Mit Brasilien besteht eine EFTA-Zusammenarbeitserklärung. Mit den USA stehen jedoch zurzeit keine Verhandlungen an. Dies ist nicht nur für die KMU, sondern für die gesamte Schweizer Wirtschaft eine schmerzhafte Lücke.

Schwellenländer haben in den letzten Jahren als Absatzmärkte für die KMU an Bedeutung gewonnen. Wird sich diese Entwicklung in Zukunft fortsetzen?

Ja, unsere Prognose zeigt, dass Schwellenländer wie Brasilien, Russland, Indien und China ihren Anteil an den gesamten Schweizer Exporten bis 2035 verdoppeln werden und China Deutschland als wichtigsten Handelspartner der Schweiz ablösen könnte. Die USA werde etwas an Gewicht verlieren, jedoch weniger stark als die westeuropäischen Länder wie beispielweise Deutschland oder Grossbritannien. Auch für die KMU werden die Schwellenmärkte an Bedeutung gewinnen, allerdings weniger stark als für die grossen Firmen. Denn die Bearbeitung und Belieferung der Schwellenländer kostet viel mehr Zeit, finanzielle Mittel und Erfahrung als die Bearbeitung der nahen Märkte in Europa. Dennoch empfehlen wir KMU, sich den Eintritt in die Schwellenländer zu überlegen, denn dort findet das Wachstum der Zukunft statt. Um diese Märkte zu erobern, bieten sich Kooperationen mit anderen KMU, die Konzentration auf einige wenige Schwellenländer sowie der Austausch mit Exportförderorganisationen oder Unternehmen an, die bereits in diesen Regionen tätig sind.

Die Exportdestinationen der Schweizer KMU

Die wichtigsten fünf Exportdestinationen der Schweizer KMU sind gemäss der KMU-Exportstudie Deutschland, die EU- und EFTA-Staaten, Frankreich, USA/Kanada und China/Hongkong. Deutschland lässt die anderen Destinationen deutlich hinter sich: 73 Prozent aller exportierender Industrie-KMU zählen Deutschland zu ihren drei wichtigsten Absatzmärkten. 34 Prozent zählen die EU (ohne Deutschland, Frankreich, Italien und Grossbritannien)/EFTA zu den drei wichtigsten Absatzmärkten. Obwohl unsere Nachbarländer und die EU noch immer zu den wichtigsten Exportdestinationen der KMU zählen, haben sie in den letzten zehn Jahren relativ an Gewicht verloren. Bedeutung gewonnen haben hingegen die BRIC-Staaten sowie Südostasien. In diese Märkte exportieren heute rund doppelt so viele Industrie-KMU wie noch vor zehn Jahren.

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