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KMU: Exportkontrolle und Sanktionen im Griff?

Die Einhaltung der globalen Compliance mit grenzüberschreitenden Handelsvorschriften für Exportkontrollen und Wirtschaftssanktionen mag KMU als eine unüberwindbare Herausforderung erscheinen. Sobald man jedoch die für das eigene Unternehmen massgeblichen Risiken definiert hat, kann die Compliance mittels einer Kombination aus generischen und kontextspezifischen Massnahmen sichergestellt werden, die sogar Mehrwert schöpft.

 

Export

Das Problem

Unserer Erfahrung nach empfinden kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) bereits die Zoll-Compliance in ihrer globalen Lieferkette als problematisch. Vorschriften zu Exportkontrollen, Embargos und Wirtschaftssanktionen stellen sie jedoch vor noch grössere Herausforderungen. Solche Vorschriften erstrecken sich auf Dual-Use-Güter, die sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich verwendet werden können, und beinhalten weitere Exportbeschränkungen für Produkte, für die möglicherweise offizielle Exportlizenzen erforderlich sind, sowie Bestimmungen für Handelsaktivitäten mit sanktionierten Ländern und juristischen oder natürlichen Personen.

Immer häufiger verlangen Kunden von ihren Lieferanten Produktzertifizierungen, welche die Compliance mit verschiedenen Regulierungen bestätigen sollen (z. B. EAR und ITAR). Des Weiteren erwarten Zollbehörden und Spediteure, dass Unternehmen Materialien deklarieren, die einer Exportlizenz bedürfen. Hinzu kommt, dass Sanktionen kontinuierlich abgewandelt werden und Regulierungen von Land zu Land unterschiedlich sind (so zum Beispiel werden die Sanktionen gegen den Iran in den USA anders als in der EU oder in der Schweiz gehandhabt). Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Regulierungen mit extraterritorialer Wirkung. Multinationale Unternehmen oder solche mit internationalen Geschäftsbereichen müssen auch die Compliance mit ausländischen Gesetzen sicherstellen (zum Beispiel haben sowohl die Regulierungen der USA als auch die der EU eine extraterritoriale Wirkung).

Im Wesentlichen müssen Sie sicherstellen, dass Ihre Exportsendungen die nationalen – und in einigen Fällen auch die ausländischen – Vorschriften für Exportkontrollen und Sanktionen erfüllen. Zu diesem Zweck müssen Sie die für jede Transaktion anwendbaren Regulierungen sowie die daraus für Sie hervorgehenden Pflichten erkennen. In diesem Kontext müssen Sie:

  • verstehen, was Sie versenden, sowie die Herkunft der Produkte kennen, um die massgeblichen Beschränkungen identifizieren zu können;
  • identifizieren, ob das Empfangsland Ihrer Lieferung von Einschränkungen durch wirtschaftliche Sanktionen betroffen ist und welcher Art diese Einschränkungen sind;
  • sich vergewissern, dass keine an der Transaktion beteiligte Partei in einer Sanktionsliste geführt wird (Importeure, Banken, Spediteure, Endnutzer etc.);
  • sicherstellen, dass Ihr Produkt zu keinem anderen Bestimmungsort/an keinen anderen Endnutzer gesendet wird, wo Exportkontrollen oder Sanktionen Anwendung finden, und dass die Endnutzung nicht mit einem Waffenprogramm in Verbindung steht (Catch-all-Klausel).

Die Risiken – und die heutige Einstellung

Da die Folgen einer mangelnden Compliance weitreichend und höchst kritisch sein können, gefährden sie möglicherweise den Fortbestand des gesamten Unternehmens sowie seine Lieferkette. So zum Beispiel unterliegt ein Seeschiff, das offiziell auf der schwarzen Liste geführt wird, umfassenden Beschränkungen für gewerbliche Charterung und die Inanspruchnahme von Hafendienstleitungen. Ebenso spürt ein auf der schwarzen Liste geführtes Unternehmen, das für die Herstellung seiner Endprodukte auf Elektronik, Software oder Avionik aus den USA angewiesen ist, Auswirkungen auf seinen Geschäftsablauf, da es diese Produkte nicht mehr beziehen kann.

Angesichts der empfindlichen Strafen, die Unternehmen auferlegt werden können, und der persönlichen Haftung des Vorstands und der Geschäftsleitung haben KMUs begonnen, sich stärker mit den Compliance-Vorschriften für Exportkontrollen, Embargos und Sanktionen zu befassen – bislang hatten sich vorwiegend grössere Unternehmen mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Darüber hinaus müssen sich Unternehmen bewusst sein, dass die potenziellen Folgen eines Compliance-Verstosses auch einen Reputationsverlust, eine Belastung ihrer Geschäftsbeziehungen mit Kunden und Lieferanten, die Nennung auf der SDN-Liste für Specially Designated Nationals, das Einfrieren von Vermögenswerten oder die Unterbindung von Geschäftsbeziehungen mit bestimmten Wirtschaftspartnern (z. B. eingeschränkter Zugang zum Finanzsystem der USA oder zu Zahlungen in USD) beinhalten können.

Zunehmend mehr Unternehmen betrachten die regulatorische Compliance nicht mehr als ein «notwendiges Übel» oder «aus dem Fenster geworfenes Geld», sondern als ein Unterscheidungsmerkmal, welches das Unternehmen in den Vordergrund positioniert und seine Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Und Regulatoren können ihr Augenmerk auf diejenigen Unternehmen richten, die diesen Status noch nicht erreicht haben.

Vorausschauend handelnde Unternehmer und Führungskräfte nehmen eine «Can do»-Einstellung an, da sie davon überzeugt sind, dass die Teilnahme am internationalen Handel unter Förderung einer Unternehmenskultur, die Schwerpunkt auf Governance, Risikomanagement und Compliance (GRC) setzt, zu reibungsloseren Handels- und Logistikabläufen führt, das Risiko von Geldstrafen und strafrechtliche Sanktionen vermindert und für ein positives Image in der Öffentlichkeit sorgt.

Im Allgemeinen zahlt sich heute die Handhabung eines Problems mit einem risikobasierten und kosteneffizienten Compliance-Programm eher aus als mit dem reaktiven Ansatz «abwarten und dann sehen».

Wer sollte sich angesprochen fühlen?

Folgende Wirtschaftszweige und Branchen sind von Exportkontrollen besonders betroffen und sollten im Allgemeinen im Rahmen ihres normalen Betriebsablaufs entsprechende Massnahmen ergreifen:

Luft- und Raumfahrt, Abwehr, Automobilindustrie, Marine, Maschinenbau, Elektronik, Telekommunikation, Software, Energie, Metallurgie, chemische Industrie und Life Sciences, Technologie-Start-ups, Transport- und Finanzdienstleistungen sowie akademische Einrichtungen.

Was müssen Unternehmen berücksichtigen?

Unserer Erfahrung nach sollten sich Unternehmen mit folgenden Fragen auseinandersetzen, um sich einen Überblick zu verschaffen und eine adäquate Governance im Hinblick auf die Rechtsvorschriften für Exportkontrollen, Embargos und Wirtschaftssanktionen sicherzustellen:

  • Welchen unternehmens- und branchenspezifischen Risiken bin ich ausgesetzt (Risikobeurteilung)?
  • Sind die implementierten organisatorischen Massnahmen und Wege des Kommunikationsmanagements ausreichend (Tone from the Top)?
  • Verfügen wir über angemessene Richtlinien und Verfahren, um unsere Risiken reduzieren zu können?
  • Ist unser Personal entsprechend geschult?
  • Behalten wir den Wandel der Risikolandschaft im Blick?
  • Wie können wir sicherstellen, dass
  •  wir das Neueste über Sanktionen erfahren?
  • Hat das interne Audit-Team unsere Organisation auf Compliance mit Vorschriften für Exportkontrollen, Embargos und Sanktionen geprüft?
  • Haben wir ein Verfahren, um Produkte mit Beschränkungen zu identifizieren?
  • Auf welche Weise überwachen wir unsere Exportprozesse und stellen die rechtzeitige Verfügbarkeit angemessener Exportlizenzen sicher?
  • Welche Absicherungsmechanismen haben wir für die Compliance mit Sanktionsvorschriften?
  • Wie automatisiert laufen unsere Compliance-Prozesse für den Handel ab?
  • Wie kontrolliert unser Personal relevante Stammdaten?
  • Auf welche Weise stellt das Management sicher, dass das gesamte Governance-System dynamisch bleibt und dass Änderungen überwacht, analysiert und in unserer Governance berücksichtigt werden (z. B. in Richtlinien und Verfahren)?

Das Fazit

Wenn Sie diesen methodischen Ansatz befolgen, von der Identifizierung Ihrer Risiken über die Strukturierung einer auf den Handel ausgerichteten Compliance-Organisation der richtigen Grössenordnung mit essenziellen Rollen und Verantwortungsbereichen bis hin zur Definition einer Handelsrichtlinie und entsprechender Prozesse, so sind Sie bereits auf einem guten Weg. Aus der Perspektive der Exportkontrollen und Sanktionen bedeutet es, dass Sie Ihre Produkte mit Beschränkungen identifizieren und verfolgen, die Exporte zu sanktionierten Bestimmungsorten bewerten, Ihren Kunden- und Lieferantenstamm anhand von Sanktionslisten prüfen und bei Bedarf Exportlizenzen beantragen müssen.

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