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Indonesiens «Omnibus Law on Job Creation»

Neue Spielregeln im Geschäft mit Indonesien

Mit der neuen Omnibus Law on Job Creation will Indonesiens Regierung Attraktivität ihres Standortes steigern: Das Gesetz setzt neue Massstäbe für die Handelspolitik, Schutz des geistigen Eigentums, Firmengründungen, Arbeitsmarkt und Umweltschutz.

Neues Gesetz

Präsident Joko Widodo hatte kurz nach seiner Wiederwahl am 20. Oktober 2019 fünf Prioritäten für seine zweite Amtszeit definiert. Eine davon war, Regulierungen zu vereinfachen – oder ganz zu eliminieren. Die Omnibus Law on Job Creation wurde schliesslich zu einem ambitionierten Reformpaket, das auf 1187 Seiten 11 Themengebiete abdeckt, 77 Gesetze revidiert, zwei weitere ganz abschafft und das Rahmengesetz für einen Staatsfonds einführt. Das Gesetz wurde am 2. November 2020 publiziert und in Kraft gesetzt.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Investitionen: Grundlegende Reformen

Der Investitionsbereich wird durch das Omnibus-Gesetz am stärksten reformiert. Bemerkenswert sind unter anderem die folgenden Änderungen:

  • Die Kategorie «Sectors Open with Conditions» mit mehr als 400 Sektoren wird gestrichen.
  • Die bisherige Regierungspflicht, bestimmte Sektoren den KMU und Kooperativen vorzubehalten, fällt weg.
  • Sektorale Diskriminierungen gegenüber ausländischen Direktinvestitionen werden aus fünf Gesetzen gestrichen.

Eine Bestimmung erlaubt es dem Präsidenten allerdings, Bedingungen für Investitionen in gewisse Sektoren wieder einzuführen. Allenfalls klärt dies die Durchführungsverordnung.

Handel: Bewilligungskompetenz auf Kabinettsstufe

Vielfältige Zuständigkeiten zur Wirtschaftsregulierung und Handelseinschränkungen waren bisher auf indonesische Ministerien und Agenturen verteilt.

  • Das Omnibus Gesetz entzieht dem Handelsministerium und den sektoralen Ministerien zahlreiche Kompetenzen.
  • Die Kompetenz zum Erteilen von Lizenzen und Bewilligungen liegt neu auf Kabinettsstufe.

Immaterielle Güter: Änderung des Patentgesetzes

Bis anhin waren Patentinhaber in Indonesien gezwungen, ihre Erfindung mittels Herstellung oder Benutzung des Prozesses innerhalb von drei Jahren nach Patenterteilung im Inland auszuführen.

  • Neu gilt auch der Import des entsprechenden Produkts oder Verfahrens als Ausführung im Inland.

Mit der beschlossenen Änderung fällt die nicht WTO/TRIPS-konforme Ausschliesslichkeit einer lokalen Produktion als Ausführung eines Patents.

Firmengründungen: Schneller und einfacher

Wegen dreier Erfordernisse – Mindestkapital, mindestens zwei Gesellschafter, notarielle Beglaubigung – verzichteten in Indonesien bisher viele Mikrofirmen und KMU auf die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Limited Liability Company; LLC).

  • Das Omnibus Gesetz streicht das Mindestkapital.
  • Für die Gründung einer LLC genügt künftig ein Gesellschafter.
  • Dank einer Standardisierung werden die Bewilligungs- und Lizenzierungsverfahren von Zentral- und Lokalregierungen harmonisiert.

Umwelt: Vereinfachte Verfahren bei tiefem Risiko

Im Themenbereich natürliche Ressourcen und Umweltschutz werden insgesamt 15 Gesetze revidiert. Die wichtigsten Neuerungen:

  • Die Umsetzung der Raumplanung wird den Regionalbehörden entzogen und der Zentralregierung unterstellt.
  • Die Bussen für Zuwiderhandlungen werden erhöht.
  • Mit der Einführung eines risikobasierten Ansatzes sind umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen nur noch für Hochrisikoprojekte vorgesehen.
  • Vertreter von Umweltverbänden werden aus den Gremien für die Umweltverträglichkeitsprüfungen ausgeschlossen; einbezogen werden nur Gemeinschaften, die vom spezifischen Projekt direkt betroffen sind.

Steuern: Digitalsteuer – Reformen für Expats

Auch zahlreiche Änderungen aus der ursprünglichen Tax Omnibus Bill sind ins neue Gesetz eingeflossen:

  • Eingeführt wird eine Digitalsteuer auf Einkünfte von Offshore-Technologiebetreibern, die in Indonesien erzielt werden.
  • Bei ausserhalb von Indonesien generierten Einkünften profitieren Expats von einer vierjährigen Steuerbefreiung.

Arbeit: Gelockerte Regeln – insbesondere für Mikrofirmen und KMU

Das Gesetz befreit Kleinst- und Kleinunternehmen – die 76 % der Arbeitnehmer beschäftigen – von der Bezahlung des Mindestlohns. Gleichzeitig wird eine Bestimmung eingeführt, wonach die Löhne «über einer bestimmten Schwelle» sein sollten. Die Details werden mit den Durchführungsverordnungen reguliert.

  • Kündigungsentschädigungen werden um 13 bis 40 % gesenkt.
  • Der bisher strenge Kündigungsschutz wird gelockert.
  • Die Obergrenze von drei Jahren für befristete Arbeitsverträge wird aufgehoben.

Neu müssen Entlassung allerdings begründet werden. Ausserdem wird eine «Job-loss Guarantee» eingeführt, deren Details in den Durchführungsverordnungen geregelt werden.

Arbeitsbewilligungen: Tiefere Hürden für Ausländer

Das Gesetz reduziert die Einschränkungen für die Einstellung ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:

  • Die Liste mit Positionen, für die ausländische Arbeitskräfte keine Bewilligung benötigen, wird erweitert.
  • Der Prozess zum Erhalt von Arbeitsbewilligungen wird vereinfacht.

Wie geht es weiter?

Die Durchführungsverordnungen sollten innerhalb von drei Monaten nach Publikation des Gesetzes in Kraft treten, spätestens also am 2. Februar 2021. Die Regierung will für die Durchführungsverordnungen – anders als beim Omnibus-Gesetz – die Meinung der Bevölkerung abholen und hat deshalb ein öffentliches Konsultationsportal online gestellt.

Gewerkschaften und Studentenkreise kritisieren, dass das Gesetz intransparent und übereilt erarbeitet worden sei und haben bereits mehrere Protestaktionen organisiert. Bezüglich der Lockerung von Umweltschutzbestimmungen und vieler weiterer Bereiche bleiben offene Fragen, die die noch zu erlassenden Durchführungsverordnungen im ersten Quartal beantworten sollten.

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