Exporteure im Fokus

Erfolgreich nach Kanada exportieren – das Beispiel ATS Tanner Banding Systems Inc.

Wie viele in Kanada erfolgreiche Schweizer Unternehmen verkauft auch ATS Tanner Banding Systems Inc. ein Nischenprodukt. Der Swiss Business Hub Canada sprach mit Martin Reist, National Sales Manager bei ATS Tanner in Kanada, um mehr darüber zu erfahren, was es braucht, um in Kanada erfolgreich zu sein.

ATS Tanner

Können Sie uns sagen, wer Ihre Kunden sind? An welche Branchen richten Sie sich?

Wir bedienen einen breit gefächerten Kundenstamm in den Grafik-, Sicherheits-, Fertigungs-, Lebensmittel- und Pharmabranchen. Wir bieten ein beliebtes Nischenprodukt, das oft an die diversen Anforderungen der unterschiedlichen Märkte angepasst wird. Dank unserer Präsenz vor Ort, schneller Unterstützung und Service für ein Qualitätsprodukt profitieren wir von einer hohen Kundentreue. Die fortlaufende Weiterentwicklung und Verbesserung der Technologie in der Schweiz sichert uns unseren Markt auch in Zukunft.

Aus welchen Gründen haben Sie Ihr Unternehmen in der Provinz Ontario angesiedelt?

Ontario, und insbesondere Toronto, stellt das grösste Geschäftszentrum in Kanada dar. Hier sind wir an vielen unserer Kunden nah dran. Über die nahegelegenen internationalen Flughäfen von Toronto und Hamilton erreichen wir leicht andere Orte in Kanada und den USA.

Haben Sie auch eine Produktionsstätte in Kanada? Bieten Sie einen Kundendienst an?

ATS fühlt sich dem Arbeitsplatz Schweiz verpflichtet. F&E, Produktion und Hauptsitztätigkeiten sind in Meisterschwanden und Zug konzentriert. Vertrieb und Unterstützung finden jedoch hier statt, nah am Kunden. Kanada begrüsst zwar die Produktion vor Ort, dennoch werden viele Spezialanlagen und -maschinen üblicherweise ausserhalb von Kanada hergestellt.

Was hat ATS Tanner dazu bewogen, nach Kanada zu expandieren?

Wir haben unser kanadisches Unternehmen 2005 gegründet, nachdem wir einige Jahre mit lokalen Vertriebspartnern zusammengearbeitet haben. Damals erkannte ATS, dass sich sein Geschäft in Märkten besser entwickelte, wo es selbst vor Ort präsent war und seine eigene Marke vertrat. In jedem wachsenden Unternehmen ist eine solche internationale Expansion eine notwendige Entwicklung.

Erzählen Sie uns bitte von Ihrer Erfahrung mit der Gründung eines Unternehmens in Kanada

Es begann mit einer strategischen Entscheidung in der Schweiz, um bestehende Kunden in Kanada besser bedienen zu können. Die Unternehmensgründung ist in Kanada kein komplizierter Vorgang. Eine juristische Person ist aber eine wichtige Grundvoraussetzung, die Importe, MwSt.-Abrechnung und Steuererklärung in Kanada erleichtert. Sobald die Struktur und die juristische Schnittstelle zwischen Hauptsitz und Tochterunternehmen geklärt sind, geht die Registrierung schnell. Die kanadische Staatsangehörigkeit und Vertrautheit mit kanadischen Unternehmenstraditionen sind von Vorteil. Dann braucht man noch die üblichen Dinge wie eine Geschäftsadresse, operative Niederlassungen, Bankverbindung, Versicherung und Personal. Ich erinnere mich noch an unseren Geschäftsstart. Wir haben unseren ersten Verkauf zwei Monate nach Ankunft in Kanada getätigt. Aber da waren wir noch lange nicht perfekt.   

Was waren für Sie die grössten Herausforderungen, als Sie in den kanadischen Markt eintraten?

Mit dem richtigen Unternehmergeist und zuvor erworbener internationaler Erfahrung kann man viele allfällige Herausforderungen meistern, bevor sie einen überraschen. Ausserdem konnten wir auf ein herausragendes Netzwerk innerhalb von ATS zurückgreifen. Aufgrund unserer Präsenz vor Ort haben wir schnell ein Netz an Partnern, die uns schätzen, und Wettbewerbern, die uns respektieren, aufgebaut. Der Aufbau eines Geschäfts ist meiner Ansicht nach eine der lohnenswertesten Erfahrungen, die man im Berufsleben machen kann.

Wie sieht es mit der Zertifizierung in Kanada aus?

Es kommt ein bisschen darauf an, in welcher Branche man arbeitet, aber Kanada erkennt die meisten geltenden EU- und CE-Normen an. Auf Bundesebene ist für jede Maschine eine elektrische Prüfung namens «CSA» (Canadian Standards Association) erforderlich. Jede Provinz hat zusätzliche Vorschriften für die Sicherheit am Arbeitsplatz. Diese werden in der Regel von unseren Kunden erfüllt und umgesetzt. Diese Normen schützen uns heute auch vor billigen Importen, die auf solche Vorkehrungen verzichten würden. «Safety first» ist eine hier häufig gehörte Aussage. Sie schützt unsere Arbeitskräfte vor unsicheren Maschinen.

Haben Sie ein paar Tipps für Schweizer KMU, die in den kanadischen Markt einsteigen wollen?

Jedes KMU sollte bereits ein erfolgreiches Produkt oder eine erfolgreiche Dienstleistung haben, entweder in der EU oder den USA. Von entscheidender Bedeutung sind eine genaue Analyse des Marktes und ein realistisches Budget sowie ein Zeitplan für die Markteinführung. Die Zusammenarbeit mit einem vertrauenswürdigen Partner zum Testen und Kennenlernen des Marktes kann wichtige Einblicke vermitteln. Die Bedienung des kanadischen Marktes über den viel grösseren US-Markt wird oft falsch eingeschätzt aufgrund der grossen Entfernungen, 4 unterschiedlichen Zeitzonen und der fehlenden Nähe zu den Kunden. Teure und zeitaufwendige Reisen vernichten viele Effizienzgewinne im Vertrieb.

Welchen Ruf hat «Swiss made» in Kanada?

«Swiss made» ist immer noch eine zuverlässige internationale Marke. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht an anderen gemessen und mit ihnen verglichen werden. Hinter dem Label «Swiss made» erwartet der kanadische Markt zu Recht ein Produkt oder eine Dienstleistung von Spitzenqualität sowie Innovation. Aber nach der Entkoppelung der Schweizer Währung vom Euro 2015 wurden in der Schweiz hergestellte Produkte im Vergleich zu in der EU hergestellten Konkurrenzprodukten teuer.

Was braucht es Ihrer Meinung nach, um in Kanada langfristig erfolgreich zu sein?

Die Regeln, um in Kanada erfolgreich Geschäfte zu machen, sind die gleichen wie im Rest der Welt. Sicher unterscheiden wir uns dahingehend, dass wir immer noch ein Einwanderungsland sind, das jedes Jahr erheblich wächst. Kanada hat gute Erfahrungen mit der erfolgreichen Auswahl und Integration von Menschen aus der ganzen Welt gemacht. Unser Schulsystem gilt als eines der besten und unsere Universitäten belegen im globalen Vergleich Spitzenpositionen. Jedes Jahr strömen gut ausgebildete junge Menschen auf unseren Arbeitsmarkt. Der Einsatz modernster Werkzeuge und von Spitzentechnologie ist weit verbreitet. Die Digitalisierung hat einen sehr hohen Stand und erreicht und durchdringt die ganze Gesellschaft. Wer nicht in den kanadischen Markt eingebunden ist, wird auf Dauer nicht erfolgreich sein.

Maschinen und Anlagen gehören zu den wichtigsten Importen von Kanada. Sehen Sie da ein Wachstumspotenzial?

Kanada hat eine grosse Bergbau- und Rohstoffbranche. In unserer Statistik spielen schwere Maschinen und Anlage eine wichtige Rolle. Heute baut Kanada nicht mehr nur einfach seine Rohstoffe ab, sondern verarbeitet sie und erbringt die entsprechenden Dienstleistungen selbst. Die Umwandlung von Kanadas Rohstoffen in hochwertigere Produkte schafft auch neue Industriezweige mit einem enormen Potenzial für alle Produkte und Dienstleistungen, die zu diesem Prozess beitragen können.

Gibt es eine unterschiedliche Geschäftsmentalität in der Schweiz und in Kanada?

Die Rolle der Schweiz auf dem globalen Markt kollidiert mit einigen nationalen Interessen, auf die die Schweizer sehr stolz sind. Ohne Exporte würde der Schweizer Markt aber sehr klein bleiben. Schweizer Unternehmen, die eine Vision über die Grenzen der Schweiz hinaus haben, profitieren auch heute noch davon. Die Globalisierung hat dafür gesorgt, dass sich die Geschäftsmentalität, nicht nur in der Schweiz und in Kanada, sondern überall annähert. Da Kanada 240 Mal grösser ist als die Schweiz, müssen einige in der Schweiz bewährte und angewandte Praktiken angepasst werden, um hier erfolgreich sein zu können.  

Wie sehen Sie die Chancen für ein Schweizer KMU, sich in Zukunft in Kanada niederzulassen?

Vor 15 Jahren waren wir die ersten, die ein Schweizer Unternehmen nach Kanada gebracht haben. Die Branchen in der Schweiz und in der ganzen Welt ändern sich ständig. Einerseits ist die Notwendigkeit, neue Märkte für in der Schweiz hergestellte Produkte zu erschliessen, stabil. Andererseits hat sich die erforderliche Infrastruktur für die erfolgreiche Präsentation der Produkte ebenso verändert. Wir investieren heute mehr, entwickeln neue Fertigkeiten im Umgang mit internationalen Geschäftspartnern, erneuern uns und wenden die jüngsten Entwicklungen in Anlagentechnik und in Computerwissenschaft an. Um die Marke eines Qualitätsprodukts und der Marke «Switzerland» lokal zu stärken, braucht es ein überzeugendes Marketing und lokale Präsenz. Dies hat sich nicht geändert und wird sich auch nicht ändern. 

Über ATS Tanner Banding Systems Inc.

ATS Tanner Banding Systems Inc. ist ein kanadisches Tochterunternehmen der ATS Tanner Gruppe mit Hauptsitz in der Schweiz. Die Gruppe besteht aus sieben internationalen Unternehmen und ist in der ganzen Welt aktiv. Von bescheidenen Anfängen der 1988 gegründeten TS Automatic Taping Systems AG hat sich das Unternehmen zu einem international führenden Dienstleistungsanbieter im Bereich Endverpackung entwickelt. Die ATS Gruppe hat heute etwa 120 Mitarbeiter. In Kanada hat das Unternehmen 4 Mitarbeiter in der Geschäftsleitung sowie Partner und Kooperationen mit unabhängigen Dienstleistungszentren in Montreal, Vancouver und Toronto. Das Unternehmen vertreibt in der Schweiz hergestellte Banderolmaschinen und betreut die Käufer.  

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