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Infrastruktur: Tipps für das internationale Geschäft von KIBAG

"Wichtig ist eine lokale Vertrauensperson, auf die man zu 99% zählen kann"

Bernhard Schleich, Geschäftsführer Kibag Airfield Construction AG, über die Kriterien für die Auswahl des richtigen Marktes und die grosse Bedeutung von eigenen Mitarbeitenden vor Ort.

Landebahn

Die KIBAG ist ein führendes Schweizer Unternehmen in den Geschäftsbereichen Baustoffe, Bauleistungen sowie Umwelt und Entsorgung und beschäftigt rund 1800 Mitarbeitende. Im Interview sprachen wir mit Bernhard Schleich. Er ist Geschäftsführer der KIBAG und verfügt über mehrjährige Erfahrung in Geschäftstätigkeiten im Ausland.

Nach welchen Kriterien sollten Anbieter ihre Zielmärkte im Infrastrukturbereich auswählen?

Für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit sind meiner Meinung nach folgende Faktoren wichtig: Ein Unternehmen sollte generell erst einmal versuchen, sich einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen und technischen Vorschriften im Zielmarkt zu verschaffen. Idealerweise handelt es sich um ein demokratisches Land, in dem die Korruption nicht verbreitet ist. Ein funktionierendes Gerichtswesen, das unabhängig agiert, erleichtert vieles. Idealerweise verfügt ein oder mehrere Mitarbeiter des Unternehmens bereits über gute Kontakte im Zielland. Ausserdem stellt sich die Frage, ob man vor Ort geeignete und entsprechend ausgebildete Mitarbeiter finden kann. Weiter sollte man prüfen, welche Einführzölle zu bezahlen sind und sich intensiv mit Einreisebestimmungen, der Währungsentwicklung, dem Versicherungswesen auseinandersetzen. Wichtig ist auch abzuklären, wie lokale Gewinne in die Schweiz transferiert werden können, ob dies überhaupt möglich ist und falls ja, wie hoch die Überweisungskosten sind. Und last but not least: Das Unternehmen muss die Sicherheit seiner Mitarbeiter jederzeit gewährleisten können.

Wie ist es Ihnen gelungen, eine Partnerschaft mit einem Konsortium oder einem EPC-Auftragnehmer einzugehen?

In Brasilien hatten wir durch einen Mitarbeiter sehr gute Kontakte zu lokalen Geschäftsleuten, die uns den Kontakt zu unserem Kon-sortium-Partner vermittelten.

Wie geht man mit öffentlichen Auftraggebern um?

Will man an einer öffentlichen Ausschreibung teilnehmen, dann empfiehlt es sich, ein Assessment des Auftraggebers durchzuführen. So sollte man etwa dessen Zahlungsmoral, die Qualifikation seiner Mitarbeiter und auch seine Anfälligkeit gegenüber Korruption prüfen. Zudem ist es hilfreich herauszufinden, ob der Auftraggeber bereits Erfahrung mit vergleichbaren Projekten mitbringt. Bei der Kontaktaufnahme mit einem möglichen Auftraggeber empfiehlt es sich, diesem die eigene Firma und deren Qualitäten vorzustellen. Wir haben bis anhin keine Projekte mit eigener Finanzierung ausgeführt, folglich haben wir diesbezüglich noch keine praktische Erfahrung. Allerdings können wir uns gut vorstellen, die Finanzierung unserer Projekte selbst in Angriff zu nehmen und setzen uns bereits mit der Thematik auseinander.

Als Schweizer KMU: Wie können oder konnten Sie mit ausländischen Konkurrenten bzw. Unternehmen vor Ort konkurrieren?

Schweizer KMU können vor allem damit punkten, dass sie ein Produkt anbieten, das im Zielland noch nicht vorhanden ist, bzw. dort nicht produziert wird. Die KIBAG bietet zum Beispiel das EMAS-System sowie Schnellreparaturen von Landepisten mit hochfestem und schnell abbindendem Beton an.

Wo liegen die Stärken von Schweizer KMU? Welche schweizerischen Technologien, Kenntnisse und Angebote sind in ausländischen Zielmärkten besonders gefragt?

Der Auftraggeber erwartet von einer Schweizer Firma in erster Linie Zuverlässigkeit (Termineinhaltung) und Schweizer Qualität. Obwohl der Auftraggeber diese Qualitäten wünscht/verlangt, ist er nicht immer bereit, dafür einen Zuschlag zu bezahlen, sondern erwartet vielmehr, dass die Arbeiten entsprechend lokalen Preisen ausgeführt werden. Also: Schweizer Qualität, aber meist zu lokalen Preisen.

Welche prinzipiellen Ratschläge würden Sie anderen Schweizer KMU für einen erfolgreichen Markteintritt geben?

Wichtig ist, dass man eine lokale Vertrauensperson findet, auf die man zu 99% zählen kann. Sie muss das entsprechende Wissen und Verständnis für unser westlich geprägtes Denken mitbringen und auf der anderen Seite über das erforderliche lokale Netzwerk verfügen. Diese Vertrauensperson hat eine Schlüsselrolle: Mit Ihrem Know-how hilft sie zum Beispiel bei der Firmengründung oder berät das Unternehmen bezüglich lokalen Vorschriften, Steuern etc. Sie löst die Herausforderungen also vor Ort und öffnet Türen zu den Behörden und zu möglichen Auftraggebern. Hat eine Firma eine Geschäftsidee, muss sie klären, ob sie über geeignete eigene Mitarbeiter verfügt, die auch bereit sind, für längere Zeit im Ausland zu arbeiten – diesbezüglich benötigt man ein klares Commitment der Mitarbeiter. Stehen keine entsprechenden Mitarbeiter zur Verfügung, dann soll man besser auf ein Auslandsgeschäft verzichten. Aus Firewall-Gründen empfiehlt es sich, eine lokale Firma zu gründen und die Aufträge wenn möglich über diese abzuwickeln.

Bleiben Sie am Ball!

In unserem ausführlichen Dossier für Schweizer Firmen, die Produkte und Services rund um Infrastruktur bieten, informieren wir über Chancen in internationalen Projekten und wie auch kleine und mittlere Unternehmen diese realisieren können.
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