Exportwissen

Chinas Manager blicken optimistisch in die nahe Zukunft

Die V-förmige Erholung der chinesischen Wirtschaft nimmt Konturen an. Manager und Kleinunternehmer erfreuen sich über immer vollere Auftragsbücher und sind so zuversichtlich wie schon lange nicht mehr.

Volle Fahrt voraus: Die Auftragsbücher chinesischer Fabriken wie derjenigen von Tesla in Schanghai füllen sich wieder. (Bild: Aly Song / Reuters)
Volle Fahrt voraus: Die Auftragsbücher chinesischer Fabriken wie derjenigen von Tesla in Schanghai füllen sich wieder. (Bild: Aly Song / Reuters)

Das ist passiert: Chinas Wirtschaft scheint die Corona-Pandemie weitgehend hinter sich gelassen zu haben. Diesen Schluss lassen die jüngsten Zahlen des offiziellen Einkaufsmanagerindexes (PMI) zu. Die am Samstag vom staatlichen Amt für Statistik veröffentlichten Daten zur gesamten Wirtschaft für den Monat Oktober ergaben einen Wert von 55,3, das ist leicht höher als noch im September und der höchste Stand seit März 2012. Die produzierenden Betriebe sind so euphorisch wie letztmals vor knapp zehn Jahren. Doch auch die konsumnahen Dienstleistungssektoren blicken zunehmend optimistisch in die Zukunft.

Darum geht es: Der PMI ist ein Frühindikator der wirtschaftlichen Aktivität. Der Index misst mittels Umfragen die Zuversicht bei Einkaufsmanagern anhand von Indikatoren wie Neubestellungen oder Produktionszahlen. Ein Wert von über 50 bedeutet eine Verbesserung der Wirtschaftslage im Vergleich zum Vormonat, ein Wert darunter eine Verschlechterung. In China schauen die Ökonomen insbesondere auf den offiziellen Indikator des Statistikbüros sowie den vom Medienunternehmen Caixin erhobenen Index, der private und kleinere Betriebe stärker gewichtet.

Die neuen Daten zeigen: Sowohl das verarbeitende Gewerbe als auch die bisher stark gebeutelten Dienstleistungsbetriebe erholen sich nach den radikalen Lockdown-Massnahmen vom Frühling weiter. Die Unternehmen kaufen wieder ein und füllen die Lagerbestände auf – ein Zeichen des Vertrauens in die wirtschaftliche Erholung. Zwar lag der offizielle PMI für das verarbeitende Gewerbe mit 51,4 leicht unter dem Vormonatswert von 51,5. Die von Caixin befragten Produktionsunternehmen indes blicken wesentlich optimistischer in die Zukunft. Der neuste Wert von 53,6 untermauert diese Dynamik. So zuversichtlich waren Chinas Unternehmer letztmals im Januar 2011.

Noch wichtiger für eine breite Erholung der Wirtschaft aber ist der Optimismus bei den Dienstleistungsbetrieben im Land. Sie profitieren von den weitgehend aufgehobenen Lockerungen im Alltag. Der hohe Wert von 56,2 unterstreicht die gute Auftragslage. Gerade im Hinblick auf den Singles' Day, den für viele Gross- und Einzelhändler wichtigsten Konsum-Event des Jahres rund um den 11. November, ist auch das ein positives Zeichen der Erholung. Bisher hatte der Konsum nur zaghaft angezogen.

Das meinen wir: Ende Oktober vermeldete die Statistikbehörde ein Wirtschaftswachstum von 4,9 Prozent für die Monate Juli bis September. Der Internationale Währungsfonds (IMF) geht davon aus, dass China als wohl einzige der grossen Volkswirtschaften in diesem Jahr ein positives Wachstum verzeichnen und mit 1,9 Prozent über das ganze Jahr wachsen dürfte. Weltweit rechnen die IMF-Ökonomen damit, dass die Wirtschaftsleistung um 4,4 Prozent schrumpfen wird.

So nimmt die V-förmige wirtschaftliche Erholung in China Gestalt an. Dafür haben nicht zuletzt kräftige Stimulusmassnahmen der Regierung gesorgt. Über Lokalregierungen und Staatsbetriebe haben sie viel Geld in Infrastrukturprojekte gelenkt. Zudem hat der vom billigen Geld angeheizte Immobiliensektor für Dynamik gesorgt.

Doch sosehr die positiven Zahlen Pekings Machthabern jetzt recht zu geben scheinen, es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Peking erkauft sich die derzeitige positive Dynamik womöglich sehr teuer, und zwar mit einer rasant steigenden Verschuldung. Innert eines Jahres hat China den Schuldenberg kurzerhand um einen Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung erhöht, auf heute über 270 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Das Verdikt, ob diese Investitionen – auch in die digitale Infrastruktur – letztlich mehr Wert schaffen, als sie kosten, steht noch aus.

Bis die heimische Wirtschaft wieder auf Vorkrisenniveau ist, dürfte es noch dauern. In Europa und den USA schränkt die Pandemie das Wirtschaftsleben nach wie vor stark ein – das schlägt in China auf die Exporte. Von diesen ist China noch immer stark abhängig. Das soll sich jetzt ändern.

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