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Worauf Sie beim neuen PEM-Übereinkommen achten müssen

Informationsnotiz zuhanden der Wirtschaftskreise

Erfahren Sie mehr über die übergangsweise bilaterale Anwendung der revidierten Regeln des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen).

Administration
  1. Hintergrund

Am 20. Januar 2021 hat der Bundesrat dem Parlament den Bericht zur Aussenwirtschafts­politik 2020 unterbreitet. Der Bericht enthält unter anderem die Botschaft zur Änderung des Regionalen Übereinkommens über Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln (PEM-Übereinkommen)1 und zu dessen übergangsweiser bilateraler Anwendung. Dieses Geschäft wurde in der Frühjahrssession des Parlaments zwischen dem 1. und dem 19. März 2021 behandelt. Die Änderung des PEM-Übereinkommens und dessen übergangsweise bilaterale Anwendung unterstehen dem Referendum. Die Schweiz kann die revidierten Regeln deshalb erst nach Ablauf der Referendumsfrist von 100 Tagen anwenden, die nach der Genehmigung durch das Parlament zu laufen beginnt.

Zur Erinnerung: Im November 2019 konnten sich die Vertragsparteien leider nicht auf einen Kompromisstext einigen, weshalb das revidierte PEM-Übereinkommen nicht verabschiedet werden konnte. Momentan lehnen nur noch Algerien2, Marokko und Tunesien den Text ab. Die Mehrheit der Vertragsparteien, darunter auch die Schweiz, haben beschlossen, die revidierten Regeln übergansweise bilateral anzuwenden. Damit sollen die Unternehmen dieser Vertragsparteien schon von den revidierten Regeln des Übereinkommens profitieren können, wodurch die Verwaltung der Ursprungsregeln flexibler und einfacher wird. Die übergangsweise bilaterale Anwendung («Übergangsperiode») endet, sobald das revidierte PEM-Überein­kommen verabschiedet ist. Um den Zeitpunkt, ab dem die revidierten Regeln in Kraft gesetzt werden, zu vereinheitlichen und die Anwendung der neuen Kumulierungsregeln einer möglichst grossen Zahl von Vertragsparteien zu ermöglichen, haben diese beschlossen, sie gleichzeitig und zwar nach Möglichkeit ab dem 1. September 2021 anzuwenden.

  1. Zeitpunkt der Inkraftsetzung

Das geltende Übereinkommen bleibt anwendbar, solange die revidierte Version vom Gemischten Ausschuss des Übereinkommens nicht einstimmig angenommen wurde. Während der Übergangsperiode können die Exportunternehmen entweder die Ursprungsregeln des heutigen Übereinkommens oder die revidierten Ursprungsregeln anwenden. Sie müssen allerdings vorgängig festlegen, für welche Regeln sie sich entscheiden, denn eine Kumulierung ist ausschliesslich nach den Regeln des heutigen Übereinkommens oder nach den revidierten Regeln zulässig (zwei unterschiedliche Kumulierungszonen). Abhängig davon, welche Produktionsketten sie bereits nutzen oder neu einrichten wollen, werden die Unternehmen sich für die eine oder die andere Variante entscheiden.

Einige Unternehmen werden die revidierten Regeln sofort anwenden, andere erst später. Damit die Produktionsketten reibungslos weiterfunktionieren, müssen die Unternehmen, welche die revidierten Regeln schon früh anwenden, die nach den aktuell geltenden Regeln ausgestellten Ursprungsnachweise von Zulieferern in der Schweiz oder in anderen teilnehmenden Vertragsparteien, die diese neuen Regeln noch nicht anwenden, auch weiterhin als gültige Vorursprungsnachweise für die Kumulation akzeptieren können.3Dank dieser «Durchlässigkeit» zwischen den zwei Regelwerken zum Ursprung sollen die Unternehmen selbst und in ihrem eigenen Rhythmus entscheiden können, wann sie den Übergang zu den revidierten Regeln vollziehen wollen. Zusammen mit ihren EFTA-Partnern hat die Schweiz bei der Europäischen Kommission interveniert, damit die nötigen Vorkehrungen rechtzeitig getroffen werden können, um diese «Durchlässigkeit» während der Übergangsperiode zu gewährleisten. Die Europäische Kommission ist sich der Problematik bewusst und arbeitet an der Lösungsfindung mit.

Auf formeller Ebene wird man zwischen Ursprungsnachweisen unterscheiden müssen, die gemäss dem aktuellen PEM-Übereinkommen ausgestellt werden, und solchen, die nach den revidierten Regeln ausgestellt werden. Letztere müssen mit dem englischen Verweis «TRANSITIONAL RULES» ergänzt werden. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, sicherzustellen, dass Vormaterialien, die die präferenzielle Ursprungseigenschaft nach den (in der Regel liberaleren) revidierten Regeln erlangt haben, nicht als präferenzielle Vormaterialien in einer Produktionskette mit Kumulierung nach den Regeln des heutigen Übereinkommens verwendet werden.

Vorläufig ist noch nicht klar, wie lange die bilaterale Übergangsperiode dauern wird. Sie endet erst, wenn alle Vertragsparteien das revidierte Übereinkommen angenommen haben. Nach der Übergangsperiode werden die heutigen Regeln durch die Regeln des revidierten Übereinkommens ersetzt und gelten nicht mehr. Die Unternehmen können die Übergangsperiode also nutzen, um ihre Berechnungsmethoden zur Ermittlung der Ursprungseigenschaft und falls nötig auch ihre Lieferketten anzupassen, um von den neuen Möglichkeiten der revidierten Regeln zu profitieren.

  1. Revidierte Regeln des PEM-Übereinkommens

Die revidierten Regeln bringen administrative Vereinfachungen für die Unternehmen, namentlich durch die Streichung des Ursprungsnachweises EUR-MED. Sie sehen die Möglichkeit vor, den Ab-Werk-Preis sowie den Wert der Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft anhand von Durchschnittswerten eines Steuerjahres zu berechnen. Die Werttoleranz von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft, die bei der Herstellung eines Produkts verwendet werden können, wurden für Industrieerzeugnisse von 10 auf 15 Prozent des Ab-Werk-Preises und für Agrarerzeugnisse von 10 auf 15 Prozent des Nettogewichts erhöht. Ausserdem weitet das revidierte Übereinkommen die buchmässige Trennung auf Zucker aus, was die Lagerung dieses Produkts vereinfacht. Des Weiteren wird die Regel der unmittelbaren Beförderung durch die Nichtveränderungsregel ersetzt, die den internationalen Lieferketten besser entspricht. Zudem wurden die Listenregeln für Industrieerzeugnisse generell vereinfacht: Bei Verwendung des Wertkriteriums wird der zulässige Anteil an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft von 40 auf 50 Prozent des Ab-Werk-Preises des Erzeugnisses erhöht. Verfahren mit Zellkulturen und industrieller Fermentation wurden zu den ursprungsverleihenden Be- oder Verarbeitungen hinzugefügt. Für Textilien kann die Ursprungseigenschaft nun anhand einer grösseren Palette von Verarbeitungsschritten erlangt werden. Bei den Agrarerzeugnissen wird der zulässige Anteil an Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft nicht mehr nach dem Wert, sondern nach dem Gewicht bemessen. Beim Zucker ist angesichts des fortschreitenden Preiszerfalls nun in einem Produkt ein Gehalt an Drittlandzucker von 40 Prozent gemessen am Gewicht zulässig, damit es die Ursprungseigenschaft erlangt. Im aktuellen Übereinkommen liegt der zulässige Gehalt bei 30 Prozent gemessen am Ab-Werk-Preis des Endproduktes. Bei den verarbeiteten Zuckererzeugnissen wie Zuckerwaren der Position 1704 und Schokolade der Position 1806 des Harmonisierten Systems bleibt der zulässige Gehalt hingegen unverändert.

Die revidierten Regeln finden Sie hier.

Für weitere Auskünfte stehen Ihnen die folgenden Personen gerne zur Verfügung: Ralf Aeschbacher, Eidg. Zollverwaltung und Jean-Pierre Lattion, Staatssekretariat für Wirtschaft.

1 SR 0.946.31

2 Die Schweiz bzw. die EFTA-Länder haben kein Freihandelsabkommen mit diesem Land abgeschlossen.

3 Diese Flexibilität wird dadurch ermöglicht, dass die aktuell geltenden Regeln generell restriktiver (weniger liberal) sind als die revidierten Regeln.

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