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Partnerbeitrag: Nachhaltigkeitsstrategien - Zeit zum Handeln für Schweizer Unternehmen

Regularien, Unternehmensverantwortung und Wettbewerbsumfeld führen zu Handlungsbedarf bei Nachhaltigkeitsstrategien für Schweizer Unternehmen. Strategieberater und Dozent Frank Brechlin erklärt, worauf die Unternehmen achten müssen. 

Im Gespräch mit Schweizer Unternehmen fällt häufig das Argument, dass Nachhaltigkeitsstrategien und -reports eine bürokratische Hürde der EU und bestenfalls ein «nice to have» sind. Dass sich dies rasant ändert, die Anforderungen auch an Schweizer Unternehmen stark zunehmen und eine Nachhaltigkeitsstrategie neben der Wettbewerbsfähigkeit auch strategische Vorteile sichert, wird von vielen Unternehmen noch nicht im vollen Umfang wahrgenommen.

Nachhaltigkeitsstrategie

Aktuell wird die Berichterstattungspflicht in der EU ausgeweitet - für die Schweiz ist ähnliches zu erwarten. Sind aktuell nur Grossunternehmen unmittelbar betroffen, tangieren die neuen Bestimmungen kleinere Unternehmen ebenso, da sie häufig Teil von internationalen Wertschöpfungsketten sind. Eine vom Bund in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass von der neuen EU-Regelung mittelbar bis zu 50'000 Unternehmen in der Schweiz betroffen sein könnten. Hinzu kommen weitreichende strategische Fragen in Bezug auf die Unternehmensverantwortung im Bereich Nachhaltigkeit und ein sich rasch veränderndes Wettbewerbsumfeld. Unabhängig von der Unternehmensgrösse wird empfohlen, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, erforderliche Strukturen zu schaffen und eine Entscheidung zur Berichterstattung zu fällen. Ein frühzeitiges und pro-aktives Handeln bietet erhebliche strategische Vorteile.

Ausweitung der direkten und indirekten Berichterstattungspflicht

Die aktuelle Berichterstattungspflicht in der Schweiz betrifft nur grosse Publikumsunternehmen sowie Unternehmen aus dem Finanzsektor. In der EU erfasst die weiterreichende CSRD Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) in den nächsten Jahren alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, sowie auch nicht-EU Unternehmen mit grösseren Tochterfirmen.

Eine indirekte Verpflichtung besteht für Unternehmen mit Kunden oder Lieferanten in EU-Ländern. Diese müssen ebenfalls über die Nachhaltigkeit der Lieferketten Bericht erstatten und deshalb prüfen, welche Anforderungen wichtig sind.

Sollte die neue CSDDD Richtlinie in Kraft treten (Corporate Sustainability Due Diligence Directive), folgen sehr viel weiter reichende Sorgfaltspflichten. Durch die Weiterreichung der Pflichten an Unternehmen in der Wertschöpfungskette können 10'000 – 50'000 Unternehmen in der Schweiz mittelbar davon betroffen sein.

Proaktive Nachhaltigkeitsstrategien eröffnen Opportunitäten

Gemäss einer Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmen Mazars und der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) aus dem Jahr 2023 ist die hauptsächliche, strategische Motivation für einen Nachhaltigkeitsbericht die freiwillige und bewusste Positionierung. Als weitere Treiber gelten Forderungen seitens der Stakeholder und die Vorbereitung auf Verpflichtungen seitens Behörden oder Kapitalgeber.

Die Vorteile eines proaktiven, strategischen Vorgehens konnten auf Basis von individuellen Gesprächen mit Schweizer Firmen bestätigt werden, die im Rahmen des ZHAW-Studienganges «Master of Circular Economy Management» geführt wurden:

  • Erhöhung des Stakeholder-Vertrauens
  • Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen durch veränderte Kundenanforderungen
  • Eröffnung von zusätzlichen Wettbewerbsvorteilen und strategischen Potentialen
  • Stärkung der Resilienz in Bezug auf mögliche gesetzliche Verschärfungen
  • Wahrnehmung von Innovationspotentialen in Produkten, Technologien und Geschäftsmodellen
  • Erfüllung von Zielen & Werten gegenüber Kunden und Mitarbeitenden

Als Beispiele für Innovation und strategische Potentiale wurden die stark wachsenden Märkte im Bereich von neuen Mobilitätsformen & Technologien oder von wiederverwendbaren Produkten & Materialien genannt.

Wichtig ist, dass für jedes Unternehmen die passende Nachhaltigkeitsstrategie gewählt wird, welche mit der Geschäftstätigkeit, den strategischen Zielen und Werten übereinstimmt. Die richtige Strategie kann grosse Vorteile schaffen, ein falscher Ansatz birgt hohe Risiken. Für die Analyse der Ist-Situation, die Wahl der strategischen Positionierung und die Zieldefinition ist firmenspezifisches Wissen, sowie zusätzliches Know-how in Bezug auf Strategie und Nachhaltigkeit erforderlich.

Hohe Komplexität erfordert Know-how und strategisches Vorgehen

Ein zentraler Punkt einer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse, welche intern oder mit externer Unterstützung durchgeführt werden kann. Diese zeichnet die Themenfelder auf und ordnet sie nach Relevanz für das Unternehmen sowie Auswirkung auf dessen nachhaltige Entwicklung ein. Der ökologische Fussabdruck ist dabei eine entscheidende Grösse und hilft den Status quo zu bestimmen, Ziele zu definieren und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Für die Feststellung der Ausgangslage, sowie die Planung, Umsetzung und Berichterstattung besteht eine Vielzahl von Standards, Systemen und Instrumenten, deren Auswahl fachspezifisches Know-how und eine vertiefte Betrachtung der individuellen Situation erfordert.

Für die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie und die Festlegung auf das passende Vorgehen wird dringend empfohlen, interne Ressourcen aufzubauen oder externe Expertise in Anspruch zu nehmen.

Fazit: Handlungsbedarf bei Nachhaltigkeitsstrategien für exportorientierte Unternehmen

Für Schweizer Unternehmen ohne Nachhaltigkeitsstrategie besteht akuter Handlungsbedarf. Sie sollten prüfen, welche strategischen Vor- und Nachteile entstehen können und wie die direkten und indirekten Verpflichtungen adressiert werden. Ein proaktives Vorgehen kann zukünftige Anforderungen antizipieren, Innovation und Wettbewerbsvorteile ermöglichen und strategische Potentiale eröffnen. Die rechtzeitige Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie und der Aufbau von Strukturen, Ressourcen und möglichen Partnerschaften wird daher dringend empfohlen.

Frank Brechlin ist Strategieberater und Gastdozent für Circular Economy Management an der ZHAW (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften). Er hat über 20 Jahre Erfahrung in Strategie und Unternehmensentwicklung, und befasst sich eingehend mit Nachhaltigkeitsstrategie, Kreislaufwirtschaft und Themen im Zusammenhang mit dem Energiewandel.

Frank Brechlin
Brechlin Consulting
frank@brechlinconsulting.com
 

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