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«Wir exportieren in die Länder, wo wir nicht durch Protektionismus gebremst werden»

Mitten in der Bündner Bergwelt, auf über 1'400 Metern über Meer, produziert Reto Schmid die wohl kleinste Bündner Nusstorte der Welt – mit Erfolg! Seit dem Start im Jahr 2014 hat La Conditoria schon in diverse Länder exportiert, unter anderem nach Deutschland, USA, Südkorea, Russland und Japan. Wie das kleine Unternehmen mit Protektionismus umgeht und was das Erfolgsrezept für das Exportgeschäft ist, erzählt Inhaber Reto Schmid im Interview.

 

Chancen der Globalisierung: Reto Schmid produziert kleine Bündner Nusstorten für den Weltmarkt
Chancen der Globalisierung: Reto Schmid produziert kleine Bündner Nusstorten für den Weltmarkt

Reto Schmid, Ihr Unternehmen ist seit Kurzem international tätig. Wie schwierig ist es für Sie zu exportieren, international zu wachsen?
Bislang verläuft das internationale Wachstum sehr erfolgreich. Seit 2014, als wir mit der Produktion der kleinen Törtchen begannen, haben wir schon in rund 10 Märkte exportiert.
Wir wissen auch, dass unser Produkt gut und erfolgsversprechend ist. Die Herausforderung für uns ist aber, dass niemand auf der Welt auf unsere kleinen Törtchen gewartet hat. Wir müssen uns strategisch genau überlegen, wie wir die einzelnen Märkte angehen wollen und den Markteintritt schaffen können. Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass wir in der Produktion an unsere Grenzen stossen. Wir mussten einige Kunden bereits vertrösten. Dieses Jahr wollen wir aber ein neues Produktionszentrum bauen, wo 20'000 Törtchen pro Stunde produziert werden können. Heute liegt unsere Kapazität bei 20'000 bis 50'000 Stück pro Tag.

Welche Herausforderungen stellen die gesetzlichen Bestimmungen im Export für Sie dar?
Die gesetzlichen Auflagen in den verschiedenen Exportmärkten sind für uns als kleines Unternehmen schon mehrfach zu einer grossen Herausforderung geworden. Das fängt bei der Produkteregistrierung in Südkorea an, geht über spezielle Zutatenregelungen in Japan bis hin zur Food and Drug Administration in den USA. Beispielsweise müssen die Produkte in den USA mit einer bestimmten Schriftgrösse angeschrieben werden oder in Deutschland dürfen wir als Zutat keine Baumnüsse deklarieren, sondern müssen von Walnüssen sprechen. Es braucht jeweils Zeit, bis die Etikettierung stimmt und die Behörden das Produkt freigegeben haben. Wenn wir uns mit den verschiedenen Regelungen befassen und sehen, was da alles auf uns zukommt, wollte ich schon mehrfach den Bettel hinwerfen. Aber ich habe eine klare Vision: Jeder auf dieser Welt soll die Möglichkeit haben, eine Bündner Nusstorte zu essen. Also schaue ich auf meine Weltkarte – wo jedes Exportland von uns mit einer kleinen Fahne markiert ist – und sage mir, dass ich das packe!

Spüren Sie bei Ihren Exportprojekten protektionistische Massnahmen?
Nein, Protektionismus spüren wir bislang nicht. Wir fokussieren uns auf die positiven Aspekte der Globalisierung. Das müssen alle Unternehmen machen, die im Export arbeiten.

Haben Sie sich schon einmal dagegen entschieden, einen neuen Markt anzugehen, weil Ihnen die Handelshürden zu hoch erschienen?
Wenn wir in irgendeinem Land sehen würden, dass die Eintrittshürden sehr hoch und kaum zu bewältigen sind, würden wir dieses Exportprojekt vorerst verschieben. Wir haben noch genügend Länder, die wir vorher erschliessen können.

Jeder auf dieser Welt soll die Möglichkeit haben, eine Bündner Nusstorte zu essen.

Welche Länder betrachten Sie als eher anspruchsvoll, wenn es um Formalitäten beim Markteintritt und sonstige Regulierungen vor Ort geht?
Besondere Anstrengungen hat es unsererseits beim Export in die USA gegeben. In den USA ist die Abwicklung bei der Food and Drug Administration sehr zeitintensiv. So hatten wir mit der Prüfstelle alles im Detail besprochen und bei der ersten Prüfung trotzdem eine Rückmeldung von über 100 Seiten erhalten. Damit hatten wir nicht gerechnet. Beispielsweise hatten wir auf unserer Verpackung ein Enzian abgebildet, als Symbol für die Bündner Bergwelt. Für die USA war das jedoch nicht erlaubt, weil die Blume nicht Teil des Lebensmittelproduktes ist. Auch die Nährwertangaben mussten für die USA viel detaillierter erarbeitet werden. Zum Glück haben wir eine erfahrene Exportmanagerin, welche uns unterstützt. 

Wie gehen Sie als Unternehmen vor, wenn Sie einen neuen Markt angehen oder in diesem Markt den nächsten Wachstumsschritt machen wollen? Was klären Sie als Erstes ab?
Beispielsweise Deutschland haben wir zusammen mit Switzerland Global Enterprise bearbeitet. Wir sind nach Zürich gereist und haben mit den Beratern besprochen, wie wir das Projekt angehen können. Gemeinsam ging es darum, die richtigen Geschäftspartner zu finden, um das Produkt in Deutschland zu verkaufen.
Aufgrund unserer Manpower und finanziellen Ausgangslage ist es bei den anderen Exportmärkten aber meistens so, dass wir darauf warten, bis potenzielle Kunden auf uns zukommen. Wir präsentieren uns dafür an internationalen Messen, genau gesagt an der ISM und der Anuga. Wir sind jeweils Teil des SWISS Pavilion und profitieren von der Dachmarke Schweiz. Wir sind überzeugt, dass potenzielle Kunden durch den Schweizer Stand auf uns aufmerksam werden. Der Rest ergibt sich von alleine. Aber wie die Strategie auch aussehen mag, für mich ist es immer wichtig, dass mein Bauchgefühl stimmt.

Was wären Ihre wichtigsten Tipps für KMU – die typischerweise über weniger Ressourcen für Auslandsprojekte verfügen – wenn es darum geht, international zu wachsen?
Die Erfolgsaussicht ist meiner Meinung nach die Qualität – das ist das Allerwichtigste. Wir hören sehr oft von ausländischen Kunden, dass eine gute Qualität nicht mehr einfach zu finden ist, auch wenn andere Länder auch gute Produkte herstellen. Die Qualität eines Produktes muss für einen erfolgreichen Export einfach stimmen, sei es auf technischer oder auf geschmacklicher Ebene.

Über La Conditoria Sedrun

Marcel Schmid gründete 1965 im Alter von 18 Jahren in Sedrun eine kleine Bäckerei mit Verkaufsladen. Schmids Philosophie war stets «Qualität vor Quantität». Zu jener Zeit beschäftigte er einen Bäcker und eine Ladenverkäuferin. Im Jahr 2004 wurde das Geschäft an die zweite Generation übergeben. Sohn Reto Schmid, selbst gelernter Fachmann in den Bereichen Bäckerei, Konditorei und Confiserie, schulte sich neben den Berufslehren auch im kaufmännischen Bereich. Im Herbst 2014 lancierte Reto Schmid das neue Foodlabel «La Conditoria, SEDRUN-Switzerland®» und produziert die wohl kleinste Bündner Nusstorte der Welt. Mit der Produktion in Sedrun will das Unternehmen einen Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Bergregion beitragen.

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