Exportwissen

ESG-Transparenz auf globaler Bühne: Auswirkungen auf KMU im Export

Die Bedeutung der Berichterstattung über Umwelt, Soziales und die Geschäftsführung (ESG)

Nachhaltigkeit gewinnt überall an Bedeutung, auch im internationalen Handel. Zuletzt haben die Anforderungen bezüglich ESG-Berichterstattung (für Englisch Environmental, Social and Governance) international deutlich zugenommen. Exportierende Schweizer Unternehmen sind direkt oder indirekt ebenso betroffen. Gabrielle Lang von Thinkdot berät KMU bei der Einführung eines standardbasierten ESG-Reportings. Sie erklärt im Interview, was es dabei für exportierende KMU aus der Schweiz und Liechtenstein zu beachten gibt.

Gabrielle Lang, Spezialistin für ESG-Berichterstattung

Im Bereich Berichterstattung für nicht-finanzielle Aspekte zu Umwelt, Sozialem und der Geschäftsführung wird sich ab dem nächsten Jahr in zahlreichen Ländern viel verändern. Die ESG-Berichterstattung war bisher vor allem für grosse Corporates relevant. Immer stärker wird dieses Thema aber auch für exportierende KMU wichtig. Zum einen sind die KMU-Kunden in aller Welt vermehrt verpflichtet, Informationen über ihre Wertschöpfungskette, also über die Lieferanten, gleich welcher Grösse, zu berichten. Zum anderen bekommt der ESG-Aspekt bei Ausschreibungen und Offerten immer mehr Gewicht.

Von den grössten Veränderungen sind Unternehmen, die in europäische Länder exportieren respektive, die in der EU-Region Niederlassungen betreiben, betroffen. Zahlreiche produzierende Schweizer Unternehmen sind bereits nachhaltig aufgestellt, aber sich noch nicht bewusst, dass sie diese Tatsache als Wettbewerbsvorteil nutzen können.

Gabrielle Lang, Co-Founder des Nachhaltigkeitsberatungsunternehmens Thinkdot, erklärt die wichtigsten Entwicklungen im ESG-Reporting auf und zeigt, wie Schweizer Unternehmen im Exportgeschäft davon betroffen sind.

Frau Lang, was kommt auf Schweizer Unternehmungen im Exportgeschäft bezüglich ESG-Reporting zu?

Das kommende Jahr markiert für die Länder der Europäischen Union ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, da die überarbeitete Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft tritt. Ein zentraler Bestandteil dieses neuen Rahmens sind die umfassenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Wer ab wann zu den einzelnen Themen berichten muss, ist in Stufen geregelt. Ab 2024 müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden rapportieren.

Kleine Unternehmen sind nicht direkt verpflichtet, über nichtfinanzielle Belange zu berichten. Da die ESG-Berichterstattung grosse Unternehmen in die Pflicht nimmt, auch ihre Lieferkette einzubeziehen, müssen demnach auch KMU ihren grossen Kunden korrekte Daten liefern und Verpflichtungen (Supplier Code of Conduct) eingehen. Dies gilt auch für Zulieferer ausserhalb der EU. Zuerst werden ökologische Informationen gefordert, bereits ab 2026 müssen Zulieferer von Grossunternehmen auch zu sozialen Themen Informationen zur Verfügung stellen.

Welche Regelung gilt für Länder ausserhalb der EU?

Neben den neuen Auflagen der EU sind oder kommen demnächst in praktisch allen Industrieländern neue Regulatorien zur ESG-Berichterstattung in Kraft. Wie auch in der Schweiz, ist in vielen Ländern die TCFD-Berichterstattung (Task Force on Climate-Related Financial Disclosures) für grosse Unternehmen zwingend. TCFD fokussiert sich im Wesentlichen auf ökologische Themen. Zu den Ländern, die für grössere Unternehmen eine TCFD-Berichterstattung voraussetzen, gehören neben der Schweiz auch England, Neuseeland, Hong Kong, Japan, Singapur, Kanada und Brasilien.

Auch hier sind in den meisten Fällen die Zulieferer in der Pflicht, Daten für das Reporting an ihre Kunden zu liefern. Somit sind exportierende KMU ebenso betroffen.

Wie bereitet sich ein KMU konkret auf die ESG-Berichterstattung vor?

Klein anfangen und systematisch aufbauen. Vereinfacht gesagt, der Kern jeder ESG-Berichterstattung ist immer die CO2-Bilanz. Es empfiehlt sich, das pragmatisch anzugehen. Man identifiziert, was innerhalb der unternehmerischen Wertschöpfungskette die grössten Auswirkungen auf ESG-Themen, zum Beispiel auf die Emissionen hat. Wir nennen das die Materialitätsanalyse. Als inhaltliches Gerüst für diese Analyse empfiehlt sich die Anlehnung an einen der umfassenden ESG-Standards (z.B. ESRS oder GRI).

Für die als materiell klassifizierten Themen beginnt man Daten zu sammeln, auszuwerten und Ziele zu setzen. Am Anfang ist darauf zu achten, dass man sich nicht verzettelt mit unwichtigen Informationen oder mit Informationen, die sehr schwierig zu beschaffen sind. Im Laufe der Zeit wird die Berichterstattung immer umfassender und detaillierter.

Für die Strategieentwicklung und das Reporting werden Daten-Infrastruktur und Prozesse aufgebaut, um das Unternehmen mit möglichst wenig Aufwand kurz- mittel- und langfristig ESG-fit zu machen.

Was überwiegt, die Pflicht oder die Chance?

Unsere Wirtschaft hat einen bemerkenswerten Wandel vollzogen: Sie berücksichtigt immer mehr nicht nur ökonomische Kennzahlen, sondern auch ökologische, soziale und ethische Werte. Diese erweiterte Perspektive setzt sich mit zunehmendem Schwung durch. Der ESG-Ansatz gewinnt an Dynamik und wird weiterhin an Fahrt aufnehmen. Entsprechend werden auch bei Ausschreibungen ESG-Aspekte, allen voran die CO2-Belastung, als Evaluationskriterien immer wichtiger.

Aktuell ist für KMU die ESG-Berichterstattung noch nicht Pflicht. Es ist aber anzunehmen, dass es in einer wachsenden Anzahl Märkten in absehbarer Zeit zur Pflicht werden wird. Wer darauf vorbereitet ist, hat einen Wettbewerbsvorteil.

Ein erfolgreich aufgestelltes Unternehmen muss genau wie in den angestammten Disziplinen Beschaffung, Produktion, Absatz und Finanzen auch im Bereich ESG fit und transparent sein.

Für exportierende KMU ist es ja nicht neu, Daten zu sammeln und damit das Unternehmen zu steuern. Neu ist, dass der Betrachtungsraum über das Unternehmen hinaus geht und auch die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette einbezieht.

KMU, die in ESG-Themen investieren und dies auch transparent in den notwendigen Standards kommunizieren, werden einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil haben.

Über Thinkdot

Das Startup Thinkdot unterstützt Schweizer KMU bei der Einführung eines effizienten, standardbasierten ESG-Reportings mit individueller Beratung und einer innovativen digitalen Plattform.

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