Success stories

"Wir sind an ausländischen Märkten interessiert, aber nicht um jeden Preis"

Wie das InsurTech vlot Chancen und Risiken der Internationalisierung abwägt

vlot, gegründet 2017, bietet als Dienstleistung eine Analysesoftware an, die sämtliche Risiken in den Bereichen Alterssparen, Risikolücken sowie Tragbarkeit von Hypotheken ermittelt und danach Handlungsalternativen in Bezug auf ergänzende Produkte vorschlägt. Als B2B-Unternehmen arbeitet vlot mit Partnerunternehmen, die mit der vlot-Software ihren Endkunden eine holistische Sicht auf deren finanzielle Gesundheit bieten. vlot ist eines der erfolgreichen Schweizer InsurTech Start-ups, das sich schon früh mit der Internationalisierung auseinandergesetzt hat. Michael Dritsas, CEO von vlot, erzählt, wie es dazu kam und wie die Firma vorging.

Michael Dritsas, CEO, vlot

Wir haben die rosarote Brille abgelegt und das Thema der Internationalisierung mit einer gründlichen Portion Rationalität betrachtet. Für uns war es sehr wertvoll, dass wir an einem spezialisierten S-GE Workshop auf Basis eines Assessments zur Exportreife, des offenen Austauschs mit anderen Firmen und Expertenmeinungen zum Entschluss kommen konnten, die Expansion über die Grenze noch etwas aufzuschieben.

Michael Dritsas, CEO, vlot

vlot ist ein junges Unternehmen, und doch war der Gang ins Ausland bereits Thema?

Internationalisierung stand bei uns von Anfang an auf der Agenda. Wir haben immer wieder Gehversuche im Ausland gestartet und landeten sehr schnell auf den internationalen Bühnen unserer Industrie, wie der Digital Insurance Agenda oder Insurtech Insights. Dabei hat uns das Innosuisse Messeprogramm, welches in Zusammenarbeit mit S-GE angeboten wird, sehr geholfen. Wir hatten auch erfolgreiche Pilotprojekte im Ausland, aber in der Schweiz ging es jeweils einfach noch ein bisschen schneller voran. So fiel die Wahl, auf was wir uns zum aktuellen Zeitpunkt fokussieren wollen, auf die Erhöhung der Profitabilität – dies insbesondere vor dem Hintergrund des herausfordernden wirtschaftlichen Gesamtumfelds.

Ein Entscheid, der viele Implikationen mit sich bringt. Wie verschafft man sich als Start-up, das parallel noch viele andere Prozesse vorantreibt, einen Überblick?

Es ist tatsächlich nicht einfach, die Lage realistisch einzuschätzen. Als Start-up sieht man immer zuerst die Opportunitäten und auch die Investoren sehen vor allem das Potential. Aber es gibt einen riesigen Unterschied zwischen dem, was die Zahlen auf dem Papier für Möglichkeiten suggerieren und was man tatsächlich als konkrete Firma realisieren kann, in China zum Beispiel. Deshalb hilft es, wenn man eine unabhängige und ehrliche Meinung hört.

Sie haben nicht zuletzt deshalb einen Export Workshop bei S-GE besucht?

Zunächst hat uns der Workshop gezwungen, uns wirklich mit dem Thema auseinanderzusetzten und intern die Ressourcen zu schaffen, um alle Information zu sammeln, Analysen zu erstellen und Diskussionen zu finalisieren. Am Workshop selbst half das Angebot von S-GE, unser Vorgehen zu strukturieren und nüchterne Abwägungen zu treffen. Dabei haben wir uns stärker vergegenwärtigen können, dass in der Schweiz vergleichsweise sehr günstige Bedingungen vorherrschen und im Ausland oftmals ein rauerer Wind weht. Was uns hier als Stärke angerechnet wird, ist dort vielleicht eine Grundvoraussetzung.

Der Preis der Internationalisierung ist in Ihrer Situation sehr hoch?

Ganz offen gesagt sind wir nicht bereit, im jetzigen Stadium so viele Ressourcen auf das Thema Internationalisierung zu setzen. Lieber investieren wir aktuell in unser Produkt sowie den Heimatmarkt und sondieren geeignete Partnerschaften für eine gezielte Expansion. Im Nachhinein bestehen Zweifel, ob das Produkt damals schon reif genug war, ob die Struktur des Unternehmens, das ausgehalten hätte. Wir haben auch verstanden, dass, wenn wir in unserem Segment in ein neues Land expandieren wollen, jemand von uns vier aus dem Management Team über längere Zeit vor Ort sein muss, was aus vielerlei Gründen nicht möglich war.

Sie entschieden sich schliesslich gegen den Schritt ins Ausland zum damaligen Zeitpunkt. Würden Sie mit den bisher gesammelten Erfahrungswerten, wenn die Frage wieder auftaucht, heute anders vorgehen?

Zu Beginn ist man immer opportunistisch unterwegs. Wenn einen als junge Firma jemand begeistert nach „Timbuktu“ einlädt, dann denkt man erst mal cool, dort wollte ich doch schon immer hin. Aber der strukturierte Zugang zur Frage der Internationalisierung hat uns aufgezeigt, dass wir zuerst eine Go-to-Market-Strategie erarbeiten und uns erst dann in das Abenteuer stürzen. Wir haben für uns spezifische Kriterien hinsichtlich „ease of doing business“, etwa den regulatorischen Rahmenbedingungen, dem Partnerpotential, dem generellen Marktpotential sowie dem „cultural fit“ definiert. Beispielsweise sind wir heute mit einer Checklist ausgerüstet, mit deren Hilfe wir Opportunitäten realistisch einschätzen können. Durch die Analyse der verschiedenen Businessmodelle sind wir zur Erkenntnis gekommen, dass wir wahrscheinlich nicht selbst ins Ausland expanieren würden, sondern über die grossen Gruppen, die zu unseren Kunden zählen.

Ihr persönlicher Tipp für andere Unternehmen, die in den Export einsteigen oder ihre Position im Ausland stärken möchten?

Seid selbstkritisch – fragt Euch, ob der Moment der richtige ist, auch aus persönlicher Sicht. Natürlich gibt es Setups, auf Basis derer eine Internationalisierung sich aufdrängt. Doch bedeutet Internationalisieren immer erst einmal eine Kostenbelastung und dass die Wette dann auch aufgeht, das ist alles andere als trivial.

Wie sehen Ihre weiteren Pläne betreffend Internationalisierung aus?

Internationalisierung ist für uns definitiv nicht vom Tisch. Wir sind interessiert, aber nicht um jeden Preis. Es bleibt spannend!

 

Für eine strategische und umfassende Marktevaluation war vlot Teil unseres Export-Workshops, welchen wir regelmässig mit Internationalisierungs-Einsteigern durchführen. Das Workshop-Format bietet die Möglichkeit, potenzielle Exportmärkte anhand unternehmensspezifischer Kriterien gemeinsam zu bewerten, Start-ups mit den nötigen Fertigkeiten und Werkzeugen auszustatten, um eine realistische Selbsteinschätzung zu ermöglichen sowie den Austausch unter Peers zu fördern.

Felicitas Gartmann, Consultant for Internationalisation Starters, Switzerland Global Enterprise

Individuelle Beratung

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Internationalisierung? Kontaktieren Sie unsere Beraterin für diese Fragen und diskutieren Sie das Potential Ihrer Produkte und Dienstleistungen auf den globalen Märkten.

Links

Compartilhar