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Updates im polnischen Arbeits- und Unternehmensrecht

Dieser Artikel erläutert verschiedene relevante Änderungen im polnischen Unternehmens- und Arbeitsrecht. Zu den Änderungen gehören unter anderem die Verkürzung der Zahlungsfristen zur Eindämmung von Zahlungsstockungen, das sogenannte «Friendly Law Package » (PPP), Änderungen in Bezug auf die Weisse Liste der Mehrwertsteuerpflichtigen sowie die Erhöhung des Mindestlohns und der Nachtzulagen.

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UNTERNEHMENSRECHT

Zum 1. Januar 2020 trat ein Gesetz in Kraft, das Zahlungsstockungen reduzieren soll. Es verkürzt die Zahlungsfristen im Geschäftsverkehr (auf bis zu maximal 30 Tage ab Rechnungseingang), wenn der Schuldner eine öffentliche Einrichtung ist (öffentliche Gesundheitseinrichtungen ausgenommen). Zudem verkürzt es die Zahlungsfristen bei sogenannten asymmetrischen Transaktionen, bei denen der Gläubiger ein Mikro-, Klein- oder mittleres Unternehmen und der Schuldner ein Grossunternehmen ist (maximal 60 Tage). Die grössten Gewinnsteuerzahler (Kapitalgesellschaften und Körperschaftssteuerpflichtige mit jährlichen Einkünften von mehr als 50 Millionen Euro) müssen dem Wirtschaftsminister (Entwicklungsministerium) jährlich über ihre Zahlungstermine Bericht erstatten. Diese Berichte werden öffentlich bekanntgemacht. 2021 werden erstmals Berichte über die Zahlungsmoral der Grossunternehmen veröffentlicht (mit Daten aus dem Jahr 2020). Unternehmen, die ihren Zahlungspflichten übermässig verspätet nachkommen, kann der Präsident des Amts für Wettbewerb und Verbraucherschutz eine Geldbusse auferlegen.

Zum 1. Januar trat zudem die überwiegende Mehrheit der Bestimmungen des sogenannten «Friendly Law Package» (PPP) in Kraft, in dem unter anderem das „Recht des Unternehmers auf Fehler“ verankert ist. Unterläuft einem Unternehmer ein Fehler (der eine Geldbusse oder Strafe nach sich ziehen kann), wird statt der Strafe nur eine behördliche Anordnung ausgesprochen, die den Unternehmer verpflichtet, den Verstoss und seine Folgen innerhalb einer behördlich festgesetzten Frist zu beseitigen. Das Recht auf Fehler können Unternehmer geltend machen, die im Zentralregister der wirtschaftlichen Tätigkeit (CEIDG) eingetragen sind. Es gilt ein Jahr ab Unternehmensgründung bzw. ab einer erneuten Gründung mindestens 36 Monate nach Aussetzung oder Beendigung der Geschäftstätigkeit.

Weisse Liste der Mehrwertsteuerpflichtigen und Sanktionen

Wer Zahlungen über 15’000 PLN auf das Konto eines Vertragspartners vornimmt, der nicht im elektronischen Verzeichnis der Mehrwertsteuerpflichtigen erfasst ist, kann keinen Mehrwertsteuerabzug geltend machen. Darüber hinaus haftet der Zahler gesamtschuldnerisch mit dem Vertragspartner, wenn dieser die Mehrwertsteuer auf die Transaktion nicht abführt. Wie Sanktionen vermeiden? Ist das Konto eines Verkäufers nicht auf der Weissen Liste geführt, kann der Käufer vollständig vom Vertrag zurücktreten oder den Vertragspartner verpflichten, sein Konto im elektronischen Verzeichnis eintragen zu lassen. Wer Sanktionen vermeiden will, aber keine Auseinandersetzung mit dem Vertragspartner riskieren möchte, kann auch eine andere Vorgehensweise wählen. Innerhalb von drei Tagen ab Vornahme einer Zahlung auf ein nicht gelistetes Konto kann der Käufer die für den Verkäufer zuständige Steuerbehörde über diesen Umstand informieren. Die Meldung muss über das ZAW-NR-Formular erfolgen. Wie im Gesetzeskommentar vom 23. Dezember erläutert, gilt eine solche Meldung für alle Zahlungen, die an ein nicht auf der Weissen Liste registriertes Konto gehen.

In der Verantwortung des Käufers

Allerdings kann nur der Käufer diese Meldung übermitteln. Übernimmt dies der Verkäufer, ist die Meldung ungültig und der Käufer muss mit Sanktionen wegen Zahlung an ein nicht registriertes Konto rechnen (kein Mehrwertsteuerabzug und gesamtschuldnerische Haftung für die Abführung der Mehrwertsteuer).

Schickt der Käufer die Meldung irrtümlicherweise an das falsche Finanzamt (also an ein anderes als das, welches für den Verkäufer zuständig ist), wird die Meldung an die zuständige Stelle weitergeleitet und keine Sanktion verhängt.
Das Ministerium arbeitet derzeit Ergänzungen zu den Vorschriften aus, die den Käufer von gewinn- und mehrwertsteuerlichen Sanktionen befreien, wenn er Zahlungen an ein nicht registriertes Konto im Rahmen eines Split-Payments leistet. Aktuell schützt dieses Verfahren den Käufer nur vor der gesamtschuldnerischen Haftung für nicht entrichtete Mehrwertsteuerbeträge.

Was passiert bei Fehlern?

Die seit September 2019 geltenden Regelungen legen ausserdem fest, dass keine Sanktionen verhängt werden, wenn der Käufer eine Zahlung auf das Konto einer Drittpartei leistet, die in der Weissen Liste registriert ist. Das ist besonders bei Factoring-Geschäften wichtig. Die Regelungen verbieten keine Zahlung auf das Konto eines Unternehmers, der seine Forderungen über einen Dienstleister abwickelt. Nimmt der Unternehmer jedoch die Zahlung entgegen und überweist den Betrag dann auf das nicht registrierte Konto eines Dienstleisters, muss er den Ertrag ordnungsgemäss erklären (Art. 14 Abs. 2h des PIT-Gesetzes, Art. 12 Abs. 2i des CIT-Gesetzes).

Das Factoring-Unternehmen muss den Ertrag nicht erklären, wenn:

  • der Wert der Transaktion 15’000 PLN nicht übersteigt und damit nicht in den Geltungsbereich der Regelungen zur Weissen Liste fällt, oder
  • wenn es die zuständige Steuerbehörde über die Zahlung auf ein nicht registriertes Konto informiert.

Vorsicht bei Auslandsgeschäften

Die Sanktionen für Zahlungen auf nicht registrierte Konten gelten auch für Geschäfte mit ausländischen Einheiten, die in Polen als Mehrwertsteuerpflichtige geführt sind.  Unternehmer sollten daher den Steuerstatus eines ausländischen Verkäufers oder Dienstleisters immer im Vorfeld prüfen (ob dieser in Polen mehrwertsteuerpflichtig ist) und dann feststellen, ob sein Konto im elektronischen Verzeichnis der polnischen Nationalen Steuerverwaltung geführt ist. Hier werden keine ausländischen Konten verzeichnet. Um Sanktionen zu vermeiden, sollten Zahlungen ausschliesslich auf das in der Weissen Liste geführte Konto des betreffenden Mehrwertsteuerpflichtigen geleistet werden (oder die Zahlung sollte innerhalb von drei Tagen an das Finanzamt gemeldet werden).

ARRBEITSRECHT

Der Mindestlohn in Polen beträgt seit dem 1. Januar 2020 2’600 PLN brutto. Anspruch auf den Mindestlohn, der auf jede Art von Arbeitsvertrag anwendbar ist, haben alle Vollzeitkräfte. Wer in Vollzeit beschäftigt ist, muss mindestens 2’600 PLN Lohn erhalten.

Ab 2020 ist die Dienstalterszulage nicht mehr mit dem Mindestlohn abgegolten. Sie ist eine Zulage, die der Arbeitnehmer über seinen Lohn hinaus erhält, wenn er über einen bestimmten, vom Arbeitgeber festgelegten Zeitraum, im Unternehmen beschäftigt ist. Die Dienstalterszulage ist nur dann verfügbar, wenn der Arbeitgeber diese Vergütungskomponente in seinem Unternehmen anwendet (z. B. gemäss Festlegung in der internen Vergütungsrichtlinie oder im Tarifvertrag).

Nachtzulagen 

Die Erhöhung des Mindestlohns führt auch zu einer Erhöhung der Nachtzulage. Sie wird gezahlt für Arbeitszeiten zwischen 21:00 und 7:00 Uhr, wobei der Arbeitgeber die genauen Arbeitszeiten intern festlegen kann. Ein Arbeitnehmer, der nachts arbeitet, hat einen Anspruch auf einen Zuschlag in Höhe von 20 % des vorgeschriebenen Mindeststundensatzes.
Stundensatz bei zivilrechtlichen Verträgen

Personen, die auf der Grundlage zivilrechtlicher Verträge arbeiten, wird die Zahlung eines Mindeststundensatzes garantiert. Seit dem 1. Januar 2020 beträgt dieser Mindeststundensatz 17 PLN brutto.

Der Mindeststundensatz gilt für Mandatsverträge (Art. 734 des polnischen Zivilgesetzbuchs) oder Dienstleistungsverträge, auf die die Regelungen für Mandatsverträge anwendbar sind (Art. 750 des polnischen Zivilgesetzbuchs).

Einen Anspruch auf Erhalt des Mindeststundensatzes haben auch:

  • natürliche Personen, die kein Geschäft ausüben und
  • natürliche Personen, die ein Geschäft ausüben, Alleineigentümer sind und die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung persönlich erbringen.
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