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Vertrauen ist alles: Was Heros weltweiten Erfolgausmacht

Rob Versloot, CEO der Hero Group, über Exportstrategien, die steigende Nachfrage nach glutenfreien Produkten und die grösste Herausforderung in der Lebensmittelindustrie.

Vertrauen ist alles: Was Heros weltweiten Erfolgausmacht

Herr Versloot, Hero wurde 1886 unter dem Namen „Conservenfabrik Lenzburg, Henckell und Zeiler“ gegründet. Bereits 1910 begann Hero, Produkte zu exportieren. Was macht Hero so erfolgreich?

Die Qualität unserer Produkte und Marken sowie die Fähigkeit, die lokalen Konsumentenbedürfnisse zu erkennen. Entscheidend ist auch, den richtigen Partner zu finden, einen Partner, mit dem gemeinsame Geschäftsinteressen teilt.. Man muss sich im Klaren darüber sein, was man von seinen Partnern erwartet und sicherstellen, dass die Beziehung ausgewogen ist. Es braucht eine Wertschöpfungskette, in der auch die Partner Gewinne machen, insbesondere, wenn man seinen Marktanteil ausbauen möchte.

Hero ist in über 30 Ländern tätig. Wie lautet Ihre Strategie zur Erschliessung ausländischer Märkte?

Wir versuchen, unsere Exportmärkte in drei Kategorien zu unterteilen: strategische, taktische und opportunistische Märkte. Strategische Märkte bieten das grösste Geschäftspotenzial. Hier ist es optimal, sich im Laufe der Zeit mit einer Tochtergesellschaft oder im Zuge einer Akquisition zu etablieren. Exporte in solche Märkte dürften die erste Phase der Geschäftsentwicklung sein. Wenn das Geschäft grössere Ausmasse annimmt, würden wir das Geschäftsmodell wahrscheinlich ändern und entweder lokale Partner akquirieren oder unser eigenes Tochterunternehmen aufbauen, wie wir es in mehreren Exportmärkten über die Jahre hinweg praktiziert haben. Dies sind auch jene Märkte, bei denen man mehr in die Zukunft investiert und den Schwerpunkt auf Wachstum statt auf Profit setzt würde. Taktische Märkte sind zwar immer noch attraktiv, bieten aber nicht ausreichend Möglichkeiten, um ein eigenes Geschäft aufzubauen. Trotzdem könnte man je nach Bedarf und Interessenlage durchaus in diese Märkte investieren und dabei helfen, Vertriebshändlern gute Marktpositionierungen zu verschaffen. Opportunistische Märkte sind Märkte, in die man Produkte mit minimaler Management-Kapazität beziehungsweise geringem wirtschaftlichem Aufwand exportiert.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Baby- und Säuglingsnahrung stellt einen grossen Teil unseres Sortiments dar – mehr als 40 Prozent unseres Portfolios. China ist ein gutes Beispiel: 2008 haben chinesische Konsumenten das Vertrauen in die Qualität inländischer Produkte aufgrund des Melamin-Skandals verloren. Lokale chinesische Produzenten hatten Säuglingsmilch mit Melamin, einem Kunstharzgrundstoff, vermischt, was zur Erkrankung von mehreren Tausend Babys und leider sogar zum Tod von mehreren Säuglingen führte. Kurz nach dem Skandal verkauften wir mehr Säuglingsmilch in Europa. Eine Analyse unserer Absätze ergab, dass chinesische Konsumenten unsere Säuglingsmilch in Europa kauften und mit nach China nahmen. Wir reagierten darauf mit der Eröffnung eines Büros in Schanghai und arbeiteten mit Vertriebshändlern zusammen. Inzwischen gehört der Export von Säuglingsmilchnahrung zu unseren grössten Exportgeschäften. Obwohl dies zu jener Zeit überhaupt nicht Teil unserer Strategie war, erkannten wir eine Nische im Markt und füllten sie.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen für die Lebensmittelbranche in den nächsten Jahren?

Die grösste Herausforderung besteht darin, das Vertrauen der Konsumenten zu behalten. Besonders die jungen Konsumenten sind sehr kritisch, anspruchsvoll und gut informiert. Bei meinem Handeln gehe ich von der Annahme aus, dass die Welt keine Geheimnisse hat. Als Unternehmen muss man sich bewusst sein, dass alles, was man macht, unter die Lupe genommen werden kann. Was man auch macht, man muss es gut machen. Leider hat die Anzahl der Skandale in der Lebensmittelindustrie wie auch in anderen Branchen grosse Aufmerksamkeit in den Medien erzielt, was dazu führt, dass die Konsumenten das Vertrauen in die Marken verlieren. Früher hatten grosse Marken einen Vorteil, aber das gilt nicht mehr, vor allem nicht bei den jungen Konsumenten. Es bedarf grosser Anstrengungen, um transparent zu sein. In der Lebensmittelbranche entstehen ziemlich viele kleinere, zweckgetriebene Marken, und für die Traditionsmarken wird es zunehmend schwerer.

Sie haben die Initiative Bee Careful gegründet und unterstützen die Sustainable Agriculture Initiative. Was genau ist das?

Bee Careful, eine Initiative unserer deutschen Tochterfirma, wurde von der Hero Group ins Leben gerufen und gehört zu unserer sozialen Unternehmensverantwortung. Honigbienen sind für die Obsternte und Fruchtvielfalt besonders wichtig. Wir verwenden ziemlich viel Obst in unserer Babynahrung und in Marmeladen. Das Ziel des Projekts ist die Förderung der Bienengesundheit durch Wissensvermittlung; dazu gehören auch konkrete Initiativen, die von unseren Tochtergesellschaften durchgeführt werden. Dies ist eine gute Sache. Und es gibt eine enge Verbindung zu unserem Portfolio.Unsere Mitarbeiter, so wie ich selbst, sind mit grosser Begeisterung dabei. Die „Sustainable Agriculture Initiative“ ist eine Non-Profit-Organisation, die Wissen über nachhaltige Landwirtschaft verbreitet. Sie arbeitet mit Landwirten und Lieferanten zusammen, um die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Anbaupraktiken zu fördern. Für einen Nahrungsmittelkonzern wie dem unseren wird es immer wichtiger, dass wir nachvollziehen können, wo unsere Rohstoffe herkommen. Für die Zubereitung von Marmeladen zum Beispiel kauften wir früher das Obst auf den Märkten. Heutzutage arbeiten wir mit Vertragsbauern zusammen, die wir persönlich kennen. Diese arbeiten gemäss den Leitlinien der Initiative. Des Weiteren interessieren sich die Konsumenten für die Rückverfolgbarkeit von Produkten. Diese Entwicklungen haben zu einer Veränderung in unserem Produktionsprozess geführt – heutzutage verarbeiten wir viel mehr frisches Obst im Vergleich zu früher.

Sie verkaufen glutenfreie Produkte auf mehreren Märkten ...

Glutenfreie Lebensmittel sind ein sehr interessantes Marktsegment, das sich rasant entwickelt. Die Zielgruppe sind Menschen mit Zöliakie, einer Glutenunverträglichkeit. Inzwischen ist es aber ein Gesundheitstrend geworden, vor allem in den USA und in Grossbritannien, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern. . Die Anzahl der Menschen, bei denen Zöliakie diagnostiziert wird, ist zwar steigend, aber nicht exponentiell. Der Absatz von glutenfreien Waren nimmt jedoch exponentiell zu. Die wichtigste Triebfeder für diesen Verkaufsanstieg ist das steigende Interesse an einer gesunden Ernährung.

In der Schweiz sind Ihre Rösti und Ravioli sehr bekannt. Werden sie auch im Ausland verkauft?

Unsere Beststeller in der Schweiz sind nach wie vor Rösti und Ravioli – der Geschäftsbereich wächst sogar noch weiter. Jeder Schweizer kennt diese beiden Produkte. Ausserhalb der Schweiz haben wir jedoch kaum Geschäftsbereiche mit Rösti und Ravioli, ausser dem Export in Gebiete mit deutschen oder Schweizer Minderheiten, aber diese Verkaufsmengen sind sehr begrenzt.

Hero war früher ein an der Börse notiertes Unternehmen, ist jetzt aber wieder ein Familienunternehmen ...

Hero war bis 2003 an der Schweizer Börse notiert. Wir sind jetzt ein familiengeführtes Unternehmen und sehr zufrieden damit. Die Werte unserer Firmeninhaber sind mit der Art, unser Geschäft zu führen, eng verflochten. Wir handeln mit Langzeitperspektive und sind seit über 125 Jahren im Geschäft. Wir haben den Anspruch, diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen. Ein Unternehmen in der Hand einer Familie, die die Firma nicht verkaufen will, sondern eher Schritt für Schritt vorantreiben möchte, ist etwas, was ich als sehr wertvoll empfinde. Darüber hinaus ist es ein gutes Wertversprechen für die Kunden.

Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft aus?

Hero ist nicht der grösste Lebensmittelkonzern, aber wir haben die Möglichkeit, uns als nachhaltiges Unternehmen mit Produkten aus natürlichen Zutaten zu positionieren. Solch eine strategische Ausrichtung in einem privat geführten Unternehmen ist äusserst wertvoll. Darüber hinaus möchte ich unser Unternehmen mit unserem Leitspruch in Einklang bringen, der da lautet: „Für Sie bewahren wir das Beste der Natur“. Wir entwickeln dabei immer wieder neue Wege bei der Verarbeitung und Vermarktung unserer Produkte. Dies erfordert Zeit und Investitionen, Unsere Schweizer Traditionen und Wurzeln können uns dabei helfen, dies zu schaffen und unserem Leitspruch in allen Belangen treu zu bleiben.

Dieses Interview wurde in unserem Aussenwirtschaftsmagazin GO! veröffentlicht.

Über die Hero Group

Die Hero Group wurde 1886 gegründet und ist ein internationaler Lebensmittelkonzern mit Sitz in der Schweiz (Lenzburg), der sich auf natürliche Markenprodukte spezialisiert hat. In über 30 Ländern weltweit wird ein Umsatz von ungefähr CHF 1,35 Milliarden erzielt. Zu den Hauptmarken der Hero Group gehören Hero, Schwartau, Vitrac, Beech-Nut, Semper und Organix. Die Hero Group hat rund 4300 Mitarbeiter und ist in privatem Besitz der Familie Dr. Arend Oetker.

Über Rob Versloot

Rob Versloot kam im Jahr 2009 zur Hero Group und wurde 2012 zum CEO ernannt. Versloot arbeitete zuvor für Danone Babynahrung (Early Life Nutrition) in den Niederlanden, Brasilien, Indonesien, Russland und der Schweiz. Versloot hat einen Abschluss in Management Science (University of Groningen, Niederlande, 1992) und begann seine Karriere in einem Start-up-Unternehmen für Produktentwicklung und Industriedesign.

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