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Remote Work: Das ausländische Homeoffice als steuerliche Betriebsstätte

Vor gut einem Monat haben wir einen ersten Einblick in das rechtliche Minenfeld des grenzüberschreitenden Homeoffice gegeben. Im Folgenden beschäftigen wir uns genauer mit der Frage, ob und unter welchen Umständen die Tätigkeit eines ausländischen Mitarbeiters im Homeoffice eine steuerrechtliche Betriebsstätte des Arbeitgebers begründet.

Frau arbeitet an ihrem PC

Bei den über 300‘000 Grenzgängern, die zur Arbeit in die Schweiz pendeln, befinden sich nach dem traditionellen Modell Wohnort und Arbeitsplatz in verschiedenen Staaten. Arbeitet der ausländische Arbeitnehmer nun von zu Hause aus, findet die Arbeitsleistung ganz oder zu einem Teil im Wohnsitzstaat des Mitarbeiters statt. Dies kann neben Auswirkungen auf die Besteuerung des Arbeitnehmers auch für den Arbeitgeber ungewünschte steuerliche Effekte haben: 

Begründet die Tätigkeit des ausländischen Mitarbeiters im Homeoffice eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers, so wird der Arbeitgeber in diesem Staat steuerpflichtig. Die dann gegebenenfalls höhere Steuerlast bringt bürokratischen Mehraufwand durch Steuererklärungspflichten mit sich und die Notwendigkeit der Ermittlung des Gewinns der ausländischen Betriebsstätte.

Vereinbarung mit den Nachbarländern: Pandemie-Ausnahmeregel

Zu Beginn eine Entwarnung für diejenigen Arbeitnehmer, die sich aufgrund der Corona-Pandemie im Homeoffice befinden: Auf Empfehlung der OECD soll die temporäre Verlegung des Tätigkeitsortes aufgrund der Covid-19-Krise keine neue Betriebsstätte des Arbeitgebers begründen. Die Schweiz ist dieser Empfehlung nachgekommen und hat mit den Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich und Italien die Vereinbarung getroffen, pandemisch veranlassten Homeoffice-Tätigkeiten keine steuerlichen Auswirkungen zukommen zu lassen. Die Konsultationsvereinbarung mit Deutschland, die noch bis mindestens Ende September gilt und sich danach automatisch um jeweils einen Monat verlängert, sofern sie nicht von einer der Parteien gekündigt wird, stellt ausdrücklich klar, dass dies auch für die Begründung von Betriebsstätten gilt. Dieses Vorgehen ist zu begrüssen. Es zeigt jedoch, dass das Thema Homeoffice ausserhalb der Corona-Pandemie durchaus steuerliche Relevanz hat. 

Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland massgebend für die Regelung

Regelungen über die Begründung einer Betriebsstätte finden sich sowohl in den nationalen Steuergesetzen als auch in internationalen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Für grenzüberschreitende Sachverhalte ist das jeweils geltende DBA, beispielsweise das DBA Schweiz-Deutschland, in der Auslegung der jeweiligen Anwenderländer massgebend. Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen, so auch das DBA Schweiz-Deutschland, beruhen auf einem Musterabkommen der OECD. Daher ist der Betriebsstättenbegriff international einheitlich geregelt.

Was gilt als Betriebsstätte und wann ist besondere Vorsicht geboten?

Grundsätzlich erfordert eine Betriebsstätte gemäss dem Musterabkommen eine feste Betriebseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Auch private Wohnräume können unter gewissen Umständen dazugezählt werden. Vorausgesetzt wird eine gewisse Dauer der Tätigkeit und die Verfügungsmacht des Unternehmens über die Einrichtung. Dabei lässt die deutsche Finanzverwaltung das Vorliegen einer Betriebsstätte regelmässig scheitern. Sie verlangt für das Vorliegen der Verfügungsmacht, dass der Arbeitgeber ein umfassendes Zutrittsrecht zu den geschäftlich genutzten privaten Räumen des Arbeitnehmers hat. Dies ist in den meisten Fällen nicht gegeben.

Die kantonalen Steuerbehörden in der Schweiz legen den Begriff der Verfügungsmacht etwas weiter aus und verlangen lediglich, dass die Geschäftseinrichtung dem Unternehmen zuzurechnen ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn dem Arbeitnehmer im Betrieb kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine nur gelegentliche Nutzung des Homeoffice neben dem eigentlichen Büroarbeitsplatz führt aber auch hier jedenfalls nicht zur Begründung einer Betriebsstätte. Die österreichische Finanzverwaltung geht noch einen Schritt weiter und geht davon aus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine faktische Verfügungsmacht verschafft, sofern er seiner Tätigkeit – veranlasst durch den Arbeitgeber - in nennenswertem Ausmass von zu Hause aus nachgeht. 

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn der Mitarbeiter aus dem Homeoffice heraus Verträge für das Unternehmen abschliesst, die sich nicht auf Hilfstätigkeiten oder den Einkauf von Gütern oder Waren für das Unternehmen beschränken. Der mit diesen Verträgen erwirtschaftete Gewinn wird als Gewinn einer sogenannten Vertreterbetriebsstätte im Wohnsitzstaat besteuert, wenn der Mitarbeiter mit einer gewissen Beständigkeit in diesem Staat für das Unternehmen tätig wird. Und zwar ganz unabhängig von der Bedingung einer festen Geschäftseinrichtung.

Folgen für langfristige grenzüberschreitende Homeoffice-Tätigkeit 

Für die Beurteilung der Frage, ob das Homeoffice eines ausländischen Mitarbeiters eine Betriebsstätte des Arbeitgebers begründet, spielen also verschiedene Faktoren eine Rolle. Im Vordergrund steht das Kriterium der Verfügungsmacht, welches von den nationalen Behörden unterschiedlich ausgelegt wird. Im Rahmen der Covid-19 Krise ist eine Veränderung der steuerrechtlichen Beurteilung im Hinblick auf die Begründung einer neuen Betriebsstätte wegen einer Homeoffice-Tätigkeit von Mitarbeitern oder gar der Geschäftsleitung ausgeschlossen. Unternehmen, die planen ihren ausländischen Mitarbeitern auch langfristig die Möglichkeit zu geben, in grösserem Umfang von zu Hause aus zu arbeiten, sollten sich jedoch in jedem Fall eingehender mit den steuerlichen Aspekten des Homeoffice auseinandersetzen und die entsprechenden Fakten und Umstände ausführlich dokumentieren, um auf entsprechende Anfragen von Behörden reagieren zu können.

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